11 Feb, 2011

Auf und ab

https://www.hessnatur.info/fileadmin/user_upload/Humanity_in_Fashion_Award/Janosch_Mallwitz_koll.jpg

Jetzt ist unerschütterliche Zuversicht gefragt – trotz aller widrigen Umstände. Wer in den vergangenen Wochen Zeitung gelesen hat, hat erfahren, dass Rohstoffe knapp sind und sich rapide verteuern. Weizen, Mais, Kautschuk, Kupfer, Kakao und eben auch Baumwolle. „Die Zeiten des 50-Cent-T-Shirts seien vorbei“, schrieb die Süddeutsche Zeitung. Die Preise für Baumwolle hätten sich glatt verdoppelt. Die Gründe sind vielfältig: enttäuschende Ernten, starke Nachfrage aus aufstrebenden Nationen wie China und Indien, schrumpfende Lagerbestände in den USA, Spekulanten.

Letztendlich übersteigt die Nachfrage das Angebot und das lässt die Preise klettern. Jeder hortet, was er kann. Und das gilt eben auch für Biobaumwolle, die ebenfalls knapp ist. Sogar die konventionellen Händler schielen schon auf den vorbildlichen Rohstoff, der zur Zeit kaum noch teurer ist als sein Pendant aus konventionellem Anbau. Und das macht auch den Herstellern von grüner Mode Sorge – schließlich gilt es die eigenen Kollektionen zu produzieren.

Und jetzt die Volte: Auf der Biofach sollte Hess Natur über sein „Sourcing Center“ sprechen, das externen Kunden ermöglicht, zertifizierte Ware bei Hess Natur einzukaufen. Weniger junge Nachwuchsdesigner, die 20 bis 100 T-Shirts wollen, als Einkäufer, die etwas größere Mengen benötigen wie die öffentliche Beschaffung. Oder Schulen einer ganzen Region, die in den Schulshops lieber keine Sweatshirts aus Kinderarbeit anbieten wollen. Das ist eine hervorragende Idee von Hess Natur, die großes Vertrauen in der Branche genießen.

Doch das Sourcing Center liegt auf Eis. Wegen der Rohstoffknappheit. Man will sicher sein, dass erst mal die eigene Nachfrage gedeckt ist, bevor man andere versorgt, was absolut verständlich ist. Man stelle sich den Katalog voll mit Mode vor, die dann nicht lieferbar ist. Schade ist es trotzdem. Fragt sich, was mit der Biobaumwolle in Zukunft passieren wird.

Manch einer mag sich erinnern, dass es im Frühjahr 2010 anders war und Biobaumwolle überreichlich vorhanden. Nur wenige Monate, dann waren die Lager leer. Und so ist es jetzt auch. Das knappe Angebot wird die Preise weiter hochhalten – davon bin ich überzeugt. Wir werden nicht nächstes Jahr gleich wieder zu viel haben. Fragt sich, wie man Bauern zur Umstellung gewinnt, wenn sie auch für konventionelle Baumwolle schon einen sensationellen Preis bekommen. Und die Umstellung auf Biobaumwolle – wenn auch nur anfangs und damit vorübergehend – magere Ernten verspricht.

Jetzt zahlen sich Anbauprojekte mit vielen Dörfern und Bauern aus, zu denen man gute und langjährige Beziehungen hat und die einen nicht im Stich lassen. Solche Projekte bieten über Zuverlässigkeit eben auch Nähe und Zugehörigkeitsgefühl. Hess Natur hat übrigens sogar solche in Burkina Faso, unterstützt von der Schweizer Helvetas. Nur davon gibt es allzu wenige. Gekauft wird lieber auf dem gesichtslosen Weltmarkt, dessen Schwankungen unberechenbar sind.

Widrige Umstände, Zeit für Zuversicht.

Hess Natur kommt natürlich trotzdem zur Biofach. Sie schicken ihren charmanten Eco-Fashion-Preisträger Janosch Mallwitz und mit Maren Neundorfer eine ausgewiesene Expertin für Textilökologie, die über Farben und Drucke spricht. Merci!

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

Hier finden Sie alle Artikel von .

Veröffentlicht in: Label|News

3 Kommentare auf "Auf und ab"

1 | Dorian Gray

Februar 15th, 2011 at 21:33

Avatar

Das ist ja äusserst aufschlussreich. Da nimmt es mich doch gleich Wunder, ob H&M sein vollmundig angekündetes Ziel, jährlich den Verbrauch von Biobaumwolle um mindestens 50 Prozent zu steigern, noch erreichen kann:

http://montagsmailer.ch/2010/04/12/hms-biologische-fruhjahrskollektion-nur-eine-eintagsfliege/

2 | Kirsten

Februar 20th, 2011 at 20:56

Avatar

@Dorian: Der Trend geht deutlich dazu, jetzt auf Material-Mix zu setzen und nicht nur auf Biobaumwolle. Bin gespannt, was uns dann demnächst alles als „sustainable“ an Materialien untergejubelt wird. Da ist viel Elastizität drin. Ich tippe schon jetzt auf gentechnisch veränderte Baumwolle. Vorsorglich plädiere ich ab jetzt für eine Kennzeichnungspflicht. Gentech-Büxen will ich nicht.

3 | Alexandra

Februar 23rd, 2011 at 10:37

Avatar

Ich unterstütze Deine Forderung nach Kennzeichung voll – auch wenn wir hier leider von der Analytik noch im Stich gelassen werden.
Politisch fordern kann man ja dennoch schonmal! Kannst Du nicht schonmal loslegen, wo du doch so schön neben Frau Aigner gestrahlt hast?