27 Jan, 2011

Wir schwimmen in Klamotten

http://ris.fashion.telegraph.co.uk/RichImageService.svc/imagecontent/1/TMG8254833/m/make-do-and-mend-1_1803807a.jpg

Was für eine heiße Story! 2008 stellte die Sportswear-Firma Speedo einen neuen Renn-Badeanzug vor, der es den Schwimmern erlaubte, noch schneller zu kraulen als je zuvor. Wie eine Rakete habe er sich darin gefühlt, gab US-Top-Schwimmer Michael Phelps zu Protokoll.

Im Juli 2009 wurde der Badeanzug vom Weltschwimmverband gebannt, weil er einen unfairen Vorteil gäbe und Speedo hatte eine Riesenproblem. Denn sie saßen auf 18.000 überflüssigen Badeanzügen. Speedo mottete die Ware nicht ein oder warf sie weg, sondern verschenkte sie an Orsola de Castro, Gründerin des britischen Upcycling-Modelabels „From Somewhere“.

Orsola de Castro ist ein Poster-Girl der Branche, nicht zuletzt weil sie die Ecofashion-Messe „Esthetica“ aus der Taufe hob.  Und sie hat schon drei Kollektionen für die Supermarktkette Tesco aus Surplus-Kleidung, also Resten, gemacht. Jetzt entwarf sie zehn Teile aus Speedo-Badeanzügen, die ich wunderbar finde. Das Kleid oben sieht aus, als käme es aus dem Meer und nährt meine Fantasie, denn ich denke an Nixen und Seepferdchen. Ab März ist es bei Selfridges in London zu haben! Streng genommen hat Speedo erst mit dieser Idee eine richtig große Welle gemacht.

Der Tipp stammt von Luise Barsch, die ich auf der Fashionweek in Berlin kennengelernt habe. Sie hat bei „From Somewhere“ in London gearbeitet und nach dem selben Prinzip nun mit Freunden ihr eigenes Label in Berlin gegründet. Wer sich für die Ergebnisse interessiert, kann einen Blick auf die Seite von Aluc werfen. Mir gefallen die Herrenhemden mit den kurzen Armen am besten. Fragt sich eher, was Leute bereit sind, für Recycling-Ware zu bezahlen. Aber wenn ich sehe, wie tief für Outdoor-Kleidung aus gebrauchten PET-Flaschen in die Tasche gegriffen wird, sollten wir guten Mutes sein. Nur sieht man denen ihre Vergangenheit eben nicht mehr an.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: Label|News

4 Kommentare auf "Wir schwimmen in Klamotten"

1 | Fr.Jona&son

Januar 28th, 2011 at 14:33

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Jaja, Recycling. Von H&M gibt es verwurstete Lanvin-Kleider Marke Harlekin- da finde ich die Speedoanzüge besser.

Übrigens, bei einem Vortrag im letzten Jahr, den ich zum Thema „Eco Fashion“ gehalten habe, haben etliche Damen der Recyclingmode jegliche Existenzberechtigung abgesprochen.

„Das soll grüne Mode sein?“ Das sind doch nur ein paar alte Fetzen, die von gerissenen Kreativen umgeändert werden- und an gutgläubige Menschen verscherbelt werden. Schön blöd sind die, die dafür auch noch Geld bezahlen. Diese Einstellung zum Thema kommt mir immer wieder unter.

Viele Menschen sehen in getragener Kleidung die Ressource nicht- sie sehen nur einen alten Fetzen. Den man wegwirft. DesignerInnen sehen in alten Kleidern die Stoffmenge, die Aussage, die Geschichte…

2 | Luise von aluc- Hemden

Februar 2nd, 2011 at 19:38

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hey, einen schönen Gruss vom aluc- Team aus Berlin. Wir stürzen uns gerade mit viel Idealismus ins „Abenteuer Recycling“. Solange es keine wirklich guten Alternativen zu Baumwolle und Co gibt, wollen wir versuchen, vorhandenes Material zu beleben/verbrauchen/retten. Für unser „Hemd-Projekt“ sind das keine abgegriffenen Second-Hand Klamotten, sondern NEUWERTIGE Materialien. In London nannte man diese Stoffe „pre-consumer-waste“, das sind Stoffe, die in den Fabriken und bei der Bekleidungsproduktion „abfallen“. Rollenenden, Reste aus alten Kollektionen und Stoffproben, sowie Verschnitt und Samples landen in Lagern und früher oder später auf dem Müll. Diese Stoffe sind NEU! Um die bestehenden Vorurteile gegenüber Recycling zu durchbrechen verwenden wir hier den Begriff UPCYCLING! Etwas Vorhandenes AUFwerten! Da ist Aufklärung angesagt! Bis jetzt reagieren auch „Themenfremde“ oft mit Interesse und erstaunter Zustimmung. Denn wie viele Leute wissen schon von dem Müll, den die Modeindustrie eigentlich produziert.
Freudig verkünden wir, dass unsere Hemden nun in der Unikaterie in der Kollwitzstr. 52, Berlin hängen! Wer uns und das UPCYCLING unterstützen will… spread the word!

3 | Dirten

Februar 2nd, 2011 at 23:56

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Die alten getragenen Fetzen tragen es aber in sich – Geschichten, Styles der Vergangenheit, da haftet noch die Physis, der Lebensstil des jeweiligen Trägers an – von dieser Seite aus betrachtet, kommen schmidttakahashi zu einer wundersamen Kollektion inklusive Bindungcharakter an den Vorträger. In diesem Fall wechseln die Kleider die Identität, nicht der Träger. Die beiden Frauen archivieren getragene Kleidungsstücke und schneidern daraus neue Teile, die irgendwo zwischen altvertraut und Stolperstein hängen. Die Spender der Sachen bekamen eine Identifikationsnummer, um später via Netz den weiteren Lebensweg des Kleidungsstücks (meist nur noch ein Teil und nicht mehr am Stück) verfolgen zu können. Primamissimo!

4 | Kirsten

Februar 22nd, 2011 at 22:11

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@To all of us: Hier die ganze Kollektion, leider nicht online zu kaufen, aber absolut genial. https://www.fromsomewhere.co.uk/index2.html