22 Jun, 2010

Tollkühn

https://www.marcus-mockler.de/IVN.JPG

In meinem Stundenplan drängeln sich die Termine wie auf meiner Terrasse die Blumenkübel. Nächste Woche werde ich die Tagung des IVN („Far beyond organic“ – die Zukunft der Naturtextilien) in der Berliner Kalkscheune in Augenschein nehmen. Im Vorgespräch mit Reinhard Griebner vom RBB Fernsehen fiel mir auf, wie tollkühn es ist, über eine Branche reden, wo harte Daten Mangelware sind.

Wir wissen bis dato nicht, wie groß der Marktanteil der ethischen Mode am Gesamttextilmarkt ist, wir wissen nicht, wie viele Firmen sich in diesem Feld tatsächlich tummeln und wie viel sie verdienen. Und wir wissen auch erschreckend wenig über die Verbraucher, die diese Mode kaufen.

Achtung aktuell: Alle Schautermine der Green Avantgarde Modenschauen im Umspannwerk.….

Auch ich hangele mich so durch, weiß, wie viel Biobaumwolle geerntet wird, wer die größten Abnehmer sind (C&A etc.), aber schon bei den Produktionsmengen von Bio-Leinen, Bio-Wolle, Bio-Seide etc. wird es sehr dunkel. Ich glaube, es wird Zeit für mehr solide Branchendaten. Wir reden nächste Woche sehr viel über Transparenz, gläserne Textilien und die mir geprägten „Ehrlichen Etiketten“ – vermutlich hat die grüne Modebranche hier intern auch noch ein wenig Nachholbedarf. Orakeln ist eigentlich ein bisschen gestrig.

P.S. Wer nicht teilnehmen kann, es wird auf der Internetseite des IVN Berichte über die einzelnen Panel geben.  Video wäre auch schön……

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: News

3 Kommentare auf "Tollkühn"

1 | Bernd

Juni 22nd, 2010 at 14:31

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Solche tragfähigen Daten interessieren mich auch, besonders spannend finde ich auch das Alter der potentiellen Käufer/innen. Ich vermute – kann es aber mit keinerlei Zahlen falsifizieren oder verifizieren – dass die an ökofairer Mode Interessierten im Schnitt älter sind als die Zielgruppe, die viele labels im Blick haben.
Aufgrund gewiss auch nur subjektiver Eindrücke aus meinem beruflichen Arbeitsfeld (Jugendbildungsarbeit) scheint mir das Interesse an ökofairer Mode bei Jugendlichen eher gegen null zu tendieren.

2 | Kirsten

Juni 23rd, 2010 at 11:02

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@Harte Daten gibt es aber zur Zeit aus Bangladesch und damit von der dunklen Seite der Textilindustrie:
Nach tagelangen und teilweise gewaltsamen Protesten von Arbeitern sind rund 700 Textilfabriken geschlossen worden.
Die Arbeiter fordern zu Recht eine Erhöhung ihres Mindestlohns auf 5000 Taka (59 Euro). Mit derzeit 2000 Taka (24 Euro) pro Monat gehören die Textilarbeiter in Bangladesch zu den am schlechtesten bezahlten in der Welt.

Heutzutage wird ja viel über CSR-Maßnahmen der großen Textilfirmen geredet. Offenbar kommt von diesem eigentlich positiven Impuls aber faktisch nicht genug an bei denen, die in der Textilbranche arbeiten.

Vielleicht sollte man die Vergütung des Top-Managements von Textilfirmen an tatsächliche Erfolge knüpfen und nicht nur an Lippenbekenntnisse.

3 | Kirsten

Juni 23rd, 2010 at 12:14

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@to all of us:
Verstöße gegen Arbeits- und Menschenrechte. HARTE FAKTEN von Oekom Research, einer Rating-Agentur. Zwar hat die Computerindustrie (IT-Produktionsstätten in Fernost) der Textilindustrie den Rang abgelaufen, aber noch immer verstößt jedes zweite Textil-Unternehmen gegen Mindeststandards, was Menschen- und Arbeitsrechte angeht. Es gibt sozusagen ein Allzeithoch, was Verstöße angeht.
Here we are: https://www.oekom-research.de/homepage/german/oekom_CR_Review_2010.pdf