16 Apr, 2010
Handwerk trifft Hightech
Sina Trinkwalder ist weit gegangen, um dann ganz nah zu bleiben. In Augsburg. Mit ihrer Öko-Modefirma „Manomama“ versucht die 32-jährige den alten Textilstandort wieder zu beleben. Sie stellt Näherinnen ein und schleppt alte Maschinen aus Konkursmasse in ihre Produktionshalle.
Kurz: sie verwurzelt ihr Unternehmen in der Region und schneidert es sich so zu recht, wie sie braucht. Wer bei einem betrieblichen Abenteuer soviel riskiert und ausprobiert wie sie momentan, dem tut die geografische Nähe sicher gut. Alle Zutaten, die sie braucht, findet sie im Umkreis von 250 Kilometer – nur die Biobaumwolle, die kommt aus der Westtürkei. Trotzdem sieht sie sich als Gegenmodell zur globalisierten Textilwirtschaft.
Ihre Mini-Manufaktur ist aber nicht angestaubt. Denn altes Handwerk kombiniert sie mit Hightech. Am Computer, genauer am „Konfigurator“ können die Kunden aus 56 Modellen auswählen – Kleider für Ladies und Bodies für Kinder sind genauso dabei wie Longsleeves und Sweatshirtjacken für Männer. Keine Trendfummel, eher Basics. Man sucht sich Stoff und Farbe aus – verpasst dem guten Stück vielleicht noch ein farbiges Bündchen oder eine Kapuze. Wer das Programm ausprobiert, fühlt sich ein bisschen an die Anziehpuppen früher Tage erinnert. Nur bedrucken kann man die Kleidung eben nicht – sie bleibt pur. Der Computer zeigt einem jederzeit die fertige Kombi. Da es Maßarbeit ist und quasi ein Unikat, kann das Stück nicht getauscht werden. Rund zwei Wochen dauert es, bis das Kleidungsstück geliefert wird. Diejenige, die das Leibchen zusammengenäht hat, schreibt ihren Namen ins Etikett – gibt dem Ganzen also ein Gesicht. Mehr noch: die Näherin spricht quasi mit mir über das Kleidungsstück und sagt: „Mein T-Shirt ist jetzt dein T-Shirt“.
Die Resonanz der ersten Tage – sie startete am 10. April – gibt Sina Trinkwalders Gründungsidee recht. Sich selber am Design zu beteiligen, ohne gleich alles selber zu nähen, das kommt an. Trotzdem bleibt es ein riskantes Paket und weit weg von Provinzidyll – trotz Region. Was für Manomama spricht: Sina Trinkwalder ist eine Gründerin, die von ihrer Sache 150prozentig überzeugt ist. Enthusiastisch und unkapriziös, was sie sehr sympathisch macht.
Selbst die Idee der Tubberparties hat sie revitalisiert. Ihre Manomama-Botschafterinnnen kommen nach Hause und helfen mit Stoffproben und einem Malblock – Sketchbook – beim Selbermachen. Am besten, man lädt ein paar Freundinnen ein. Geordert werden muss übrigens nicht zwangsläufig.
Mode machen ist nicht Trinkwalders erstes Motiv. Sie treibt die Idee, Frauen in Jobs zu bringen. Klassische Werbung macht sie nicht, aber ihr Projekt hat es via Internet schnell zu Berühmtheit gebracht und sie bloggt darüber, was hinter den Kulissen so passiert.
Ihr fünfjähriger Sohn war ihr erstes Modell. Für ihn hat sie Sachen entworfen, die dank auftrennbarer Nähte mitwachsen. Diese Kinderkleidung ist sicher ein Clou. Fragt sich, wann ihr Laden aus allen Nähten platzt. Das ist aber eigentlich genau das, was sie sich wünscht.
Mag mal sich mal jemand die Naseplattdrücken im Internet und Manomama ausprobieren?
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
Veröffentlicht in: Label