22 Feb, 2010

Wie geht es der Biofach?

Die Biofach in Nürnberg räumte der grünen Mode dieses Jahr zum zweiten Mal einen eigenen Platz ein – vertreten waren die klassischen Naturtextilfirmen wie Living Crafts, Lana und Engel. Attraktion war die Modenschau, die drei mal täglich zu sehen war und viele Besucher anlockte – selbst Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Nüchtern betrachtet war auf dem Laufsteg die burschikose Produktpalette zu sehen, für die die Szene bekannt ist: Socken, Unterwäsche, weiche Kinderschuhe und Strickstrumpfhosen. Die Besucher feierten die Schau dennoch – offenbar kämpft die Branche immer noch mit dem Image des kratzigen Jutesacks, so dass die flotte Präsentation als riesiger Fortschritt wahrgenommen wurde. Das Publikum applaudierte lautstark. Soll heißen: es hat prima funktioniert.

Das natürliche Habitat von mehr Mode wird die Biofach nicht werden – und will es wohl auch nicht. Karriere machen als Schauplatz für Öko-a-porter wird die Metropole Berlin. Nürnberg bot jedoch einen bedeutsamen Mehrwert, den sonst keine andere Messe bisher hatte – einen dreitägigen Kongress mit 13 Veranstaltungen, die eine Gesamtschau ermöglichten vom Traktor-Faktor (Biobaumwolle und Landwirtschaft) bis zu filigranen Fragen zu Färbungen. Diese Podien zogen über 800 Besucher an – Highlight war die heiße Debatte darum, wie sauber Biobaumwolle angesichts des Siegeszuges der Gentechnik in Indien bleiben kann. (Disclaimer: Dieses ist eine eitle Kritik, denn Bernd Hausmann von Glore und ich haben die Tagung geplant und organisiert)

Die Höhen und Tiefen jeder Veranstaltung und brandneue Einsichten werde ich in den nächsten Tagen liefern – mit einem freien Kopf und viel Leidenschaft für all die Details, die ich gehört habe. Nächstes Jahr zeichnen wir dann auch auf Video auf….

Ein Fazit liefere ich bereits vorweg: Bei allem Respekt für die Arbeit der vielen Labels, die vor allem Bio-Basics anbieten – Branchenexperten gehen davon aus, dass der Markt für Basics nahezu gesättigt ist. Das Gebot der Stunde ist also zumindest Semi-Fashion, um ein Bein an den Boden zu bekommen und die Kunden zu gewinnen. Das Knowhow dafür ist da – nur noch zu wenig auf den Kleiderbügeln zu sehen.

Trotz Euphorie fürs Gute, sei das Schlechte hier nicht verschwiegen. Von den rund 20 deutschen Concept-Stores für grüne Mode schließen zwei Läden in Berlin und Hamburg: „Every day is like sunday“ und „Fein“. Gleichzeitig gibt es mit dem Avocado Store einen neuen Online-Marktplatz für grüne Mode und Mehr.

Mit der grünen Mode geht es also Auf und Ab. Ich gucke aber weiter fröhlich aus der Wäsche.

Achtung: die Ausschreibungsunterlagen für den Hess Natur Fashion Award sind online. Die Bewerbungsfrist läuft bis Mai.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: News

5 Kommentare auf "Wie geht es der Biofach?"

1 | Kirsten

Februar 23rd, 2010 at 11:04

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@Heute im Wirtschaftsteil der SZ: Für ein gutes Gewissen. http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/498488
Die Berichterstattung stützt sich auf die Experten, die wir zum Textilkongress eingeladen haben – großer Dank an alle, die Fakten und Einschätzungen beigetragen haben.

2 | Fr.Jona&son

Februar 23rd, 2010 at 12:44

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Hi Kirsten, ich bin schon gespannt auf weitere Eindrück von Dir.

Leider konnte ich nicht zur Biofach. Liebe grüße, Sonja

3 | Matze Bio

Februar 24th, 2010 at 17:29

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Ist halt nun mal nicht alles Gold was glänzt.
Zumindest ist die Branche weiterhin bemüht ihr Image zu verbessern, was sie sicherlich durch die BioFach v.a. in Sachen Mode geschafft hat.

4 | Alexandra

Februar 26th, 2010 at 12:00

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Hi Kirsten!
Danke für die viele und vor allem gute Arbeit zum Kongress. Die Textilarea war ja nun wirklich a) etwas ab vom Schuss was die Hallenbelegung angeht und b) doch eher „das übliche“. Aber wie du schon sagst, die BioFach hat ganz offensichtlich nicht die Ambitionen ein grünes Mode-Mekka zu werden, sonst müsste sie mehr auf die jungen Labels zugeben und sie einladen, statt satt Kohle von den Ausstellern einzustreichen.
Umso schöner ist es, dass der Kongress wirklich viel zu bieten hatte. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr auf Englisch stattfindet, denn gerade die vielen internationalen Gäste böten an für sich eine prima Gelegenheit von deren Erfahrungen zu profitieren und das gegenseitige Verständnis für die vielschichtigen Probleme in der vielzitierten „Kette“ weiter zu entwickeln.
Liebe Grüße
Alexandra

5 | Claudia

Februar 28th, 2010 at 18:58

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Klasse eintrag…musste echt schmunzeln….