08 Jul, 2008

Sehen und gesehen werden

Okay, ihr wollt in Grün gehen. Ich auch. Wenn ich ein neues korrektes Leibchen gekauft habe, nagele ich es bei mir im Schreibbüro auf St. Pauli an die Wand und lasse mich davon beim Bloggen inspirieren. Wenn mich meine Nachbarn hämmern hören, kommt meist einer rüber und betrachtet mit mir gründlich und furchtlos den Neuerwerb.

Und dann kommt sie garantiert, die Frage: „Woran erkenne ich denn jetzt, dass dieses Kleidungsstück sauber und sozialverträglich hergestellt ist?“ „Na, am Label“, möchte ich dann sagen, aber leider stimmt das nicht. Bei manch grüner Ware steht wenigstens noch „Organic Cotton“ oder „100 Prozent Biobaumwolle“ drauf, aber ein einfaches, leicht erkennbares Zeichen hat bisher keiner zu bieten.

Und wie sollte es auch aussehen, habe ich mich gefragt? Das Zeichen, dass das Zeug hat, zum Markenzeichen für grüne Kleidung zu werden. Und ist es nur eines? Oder brauchen wir zwei? Ein Zeichen für „fair“ und eines für „bio“? Fällt mir überhaupt ein Symbol ein, was beides umfassen könnte? Da ich eine Schreiberin bin, fallen mir meist Sprachbilder ein. Dann fordere ich den „Stoff-Wechsel“ oder „Grün Couture“ oder klage über „Reiz-Wäsche“. Tja, und was hat man, wenn man ein lupenreines Gewissen hat? Eine weiße Weste.

Oben seht ihr ihn also, meinen Vorschlag. Vielen Dank an die wunderbare Illustratorin Vera, die ihn gezeichnet hat. Er soll euch inspirieren, mit mir zu überlegen, was für ein Label ihr euch wünscht. Was soll es leisten? Wie soll es aussehen? Wie viele Label sind eigentlich akzeptabel? Nur eins oder auch zwei? Ich freue mich auf eure Kommentare.

P.S. Ihr könnt vom 11. bis 17. Juli über den Superblog 2008 abstimmen unter www.hitflip.de/info/superblogs08. Bin nominiert in der Kategorie „Bloggerinnen“.

Hitmeister Superblogs 2008

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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6 Kommentare auf "Sehen und gesehen werden"

1 | Iwan

Juli 9th, 2008 at 08:53

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Was haelst du von der Idee den Spiess einfach umzudrehen. D.h. die Firmen die ein entsprechende Label haben wollen, müssen selber beweisen das sie die Kriterien für diesen Label erfüllen, und das in periodischen Abständen (Prinzip: freiwillige Selbstkontrolle). Eine unabhängig (vielleicht sogar ehrenamtliche) Kommission entscheidet dann ob die Beweise ausreichend sind für die Labelvergabe. So tragen die Kosten die Firmen und nicht irgendwelche Verläge oder gar die Konsumenten (zumindest nicht direkt).

Natürlich setzt dies vorraus das dieses Label entsprechend attraktiv für die Firmen ist und breite Akzeptanz findet bei Umwelt- und Textilorganisiationen. Das ist wohl der eher schwierige Teil.

2 | Heike Scheuer

Juli 10th, 2008 at 10:16

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Ich finde die weiße Weste sehr sinnig! Außerdem hätte sie einen hohen Wiedererkennungswert. Und sie sieht dem echten „G.O.T.S.-Zeichen, auf dessen Erscheinung ja wohl alle warten – ein bisschen ähnlich.

Ich habe ein bisschen recherchiert, leider kann man weder in den USA noch in
Japan mit diesem „Symbol“ etwas ähnliches anfangen wie bei uns.
Allerdings ist die Weste natürlich genau so ein Kleidungsstück wie ein Kaftan, das Kleidungsstück, das den G.O.T.S. symbolisieren soll…

3 | Alexandra

Juli 10th, 2008 at 12:19

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Genial, die weiße Weste! Und gratuliere zur Superblog-Nominierung. Wenn das keine blogosphärische Blitzkarriere ist….

4 | Jochen

Juli 10th, 2008 at 18:13

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Da hattest Du ja jetzt nicht unsere Polos im Hinterkopf, oder ?:)
Auf Englisch heißt das übrigens „clean slate“ und bezeichnet das Tabularasa-Prinzip. Auch eine interessante und treffende Konnotation. Ich find’s auf jeden Fall gut. @ Heike: wollt Ihr Euch das mit dem Kaftan nicht noch einmal überlegen?

Was mich am Zeichen noch stören würde, sind die vielen Zacken. Eher was rundes. Was meiner Meinung nach noch fehlt sind die aufklärenenden Buzzwords, etwa „environmental and social friendly“ oder einfach nur „organic and fair“. Dann muss der Verbraucher das Zeichen nämlich nicht schon vorher kennen, sondern erfährt gleich, worum es sich handelt.

Auf jeden Fall Daumen hoch für so einen klasse ersten Wurf.

5 | admin

Juli 10th, 2008 at 21:24

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@Jochen: Doch, eure Sachen sind schön und clean, aber am liebsten würde ich das neue Logo nicht nur als Etikett im Kleidungsstück versteckt sehen wollen, sondern schon prominent drauf. Muss ja nicht auf der Brust sein, vielleicht am Ärmel oder irgendwo am Bündchen.
Alles, was im Kopf hängen bleibt, vom Mercedes-Stern bis zum Grünen Punkt, funktioniert auch ohne Text. Die Leute wissen trotzdem, worum es geht. Diese Qualität müsste auch das Grüne-Mode-Logo haben!
Es hieße dann auch nicht nach dem Standard, der sich dahinter verbirgt, sondern eben „Die weiße Weste“.

6 | Alexandra Perschau

Juli 11th, 2008 at 10:41

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Eine gute Initiative, Kirsten.
Ja, es schreit geradezu nach einem ‚funktionierenden‘ Logo für ‚ethisch vertretbare Mode‘. Bio und Fair gehören mich optimalerweise zusammen. Bio alleine bringt den Bauern schon viele Vorteile – an erster Stelle bleiben sie gesund – der Faire Handel unterstützt die Entwicklung der Bauernorganisationen und hat mit dem Mindestpreis ein Instrument, das den üblichen Preisdrückereien etwas entgegensetzt.
Letztendlich wird aber entscheidend sein, dass das Logo bekannt wird.
Hier muss Geld in die Hand genomnen werden und mit professioneller Unterstützung viel getan werden, um nicht im Textil-Labeldschungel unterzugehen.
@Heike: Hier muss GOTS (und der IVN als einer der Inhaber des GOTS) auf jeden Fall aktiv werden! Das hätte ich schon bei der Entwicklung der Bildmarke gewünscht (da stimme ich Jochen und vielen anderen, die sich an anderer Stelle zum Logo geäußert haben zu).
Wenn es aber nun um das Bekanntmachen geht, muss das unbedingt berücksichtigt werden, sonst wird der tolle Standard letztendlich nicht das bewirken, wozu er grundsätzlich in der Lage wäre.

7 | Sonja

Juli 11th, 2008 at 16:31

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Respekt! Das Logo passt wirklich bestens!