27 Apr, 2015

Fast Fashion: Die Schattenseiten der Mode

Seit dem 20. März läuft die Ausstellung Fast Fashion: Die Schattenseite der Mode im Museum für Kunst und Gewerbe .

Vorweg: Man fühlt sich schlecht nach dem Besuch der Ausstellung. Nicht nur, weil man mit den Folger der globalen Textilindustrie konfrontiert wird – sondern vor allem, weil einem bewusst wird, dass man selbst ein Teil davon ist und (Mit-)Verantwortung dafür trägt, wie sehr Menschen unter unwürdigen Arbeitsbedingungen unsere Kleidung herstellen und wie sehr die Natur für billige Massenware zerstört wird. Aber – und deswegen sollte man unbedingt hingehen: Gerade dieses Bewusstsein schafft den Drang, den Kreislauf aus kaufen – kurz tragen – wegwerfen – neu kaufen zu durchbrechen.

 

Ausstellungsansicht

Foto: Annika Lampe/Friederike Palm

Fast Fashion ist die erste Ausstellung, die sich kritisch mit dem System der Bekleidungsindustrie und den sozioökonomischen und ökologischen Folgen auseinandersetzt. Der Begriff Fast Fashion steht für massenproduzierte Modewaren, die weltweit zu Niedrigpreisen verkauft werden. Zara, H&M, Primark, Mango oder Vero Moda sind nur einige bekannte Beispiele für Modefirmen, die diesen neuen Typus des schnellen Modekonsumenten hervorgebracht haben.

Bedrohte Arbeiter in Bangladesh, 2008,  © Taslima Akhter

Bedrohte Arbeiter in Bangladesh, 2008,
© Taslima Akhter

Fast Fashion bedeutet vor allem Beschleunigung. Zwischen Entwurf und Auslieferung des Produkts liegen oft gerade mal zwei Wochen. Das steigert den Kaufanreiz doppelt: Wer nicht weiß, ob das Shirt auch morgen noch im Laden hängt, nimmt es eben heute mit. Und schaut in ein paar Tagen wieder vorbei, um zu sehen, was es Neues gibt. Die Fast Fashion ist auf diesem Wege zu einem ökonomischen Erfolgsmodell geworden. Doch das geht zu Lasten der ökologischen und sozialen Systeme. Die Fast Fashion-Industrie besitzt eine denkbar schlechte Umweltbilanz und gehört zu den Branchen mit teilweise katastrophalen Arbeitsbedingungen und Löhnen weit unterhalb des Existenzminimums.

Wer sind die eigentlichen Fashion Victims?

Was bedeutet es für Menschen am unteren Ende der Produktionskette und für die Umwelt, dass wir viermal so viele Klamotten besitzen wie 1980? Dass wir viele Kleidungsstücke im Durchschnitt nur 1,7mal tragen und bis zu 20 Kleidungsstücke völlig ungetragen im Schrank hängen haben? Für 1 Kilogramm Textilien werden bis zu 1 Kilogramm Chemikalien und 300 Liter Trinkwasser benötigt. Die Herstellung von Bekleidung geht also mit einem enormen Ressourcenverbrauch einher. Beim Baumwollanbau kommen Pestizide zum Einsatz. Im Produktions- und Verarbeitungsprozess werden noch einmal etwa 7.000 unterschiedliche Chemikalien eingesetzt.

Foto: © Susanne A. Friedel

Foto: © Susanne A. Friedel

Das alles ist nicht nur eine unglaubliche Umweltbelastung, sondern hat auch katastrophale Folgen für die Menschen, die mit diesen Giften in Berührung kommen. Viele Textilarbeiter sterben an diesen Folgen. Und auch das ist nur ein kleiner Bruchteil der unglaublichen Bedingungen, unter denen die Arbeiterinnen und Arbeiter täglich zu leiden haben. Dunkel erinnern wir uns vielleicht noch an den Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Dhaka in Bangladesh im Jahr 2013.

Die Ausstellung zeigt das Schicksal dieser Menschen in beklemmenden Bildern. Wer in der Textilindustrie arbeitet, kämpft zudem gegen sexuelle Belästigung, Druck, fehlende Pausen und geht am Ende des Tages mit einem Lohn nach Hause, der zum Leben nicht reicht. Die Textilarbeiter in den asiatischen Produktionsländern und in Osteuropa erhalten meistens nur den Mindestlohn, der weit unter dem Existenzminimum liegt. Diese Lohnkosten entsprechen nur maximal ein bis zwei Prozent des Endpreises. Nicht nur für Produkte der Fast Fashion, sondern auch für Bekleidung im mittleren Preissegment gilt dieses riesige Missverhältnis.

Die Entdeckung der Langsamkeit

Als Gegenmodell zur Fast Fashion gewinnt die Slow Fashion-Bewegung zunehmend an Bedeutung. Sie fordert Produzenten und Konsumenten zu mehr Verantwortung und Respekt gegenüber Mensch, Umwelt und Produkten heraus. Die zentralen Ziele der Slow Fashion sind Entschleunigung, die umweltschonende Herstellung und Auswahl der Rohstoffe, fairer Handel, eine nachhaltige Produktion und hochwertige Verarbeitung.

Materialien der Slow Fashion Foto: Annika Lampe/Friederike Palm

Materialien der Slow Fashion Foto: Annika Lampe/Friederike Palm

In der Ausstellung Fast Fashion werden alternative Materialien wie Brennnessel, Lachshaut, Seealgen oder Milchfasern, umweltschonenden Technologien wie das Bleichen von Jeans mit Ozon und Lasertechnik oder das Gerben von Leder mit Rhabarber und Oliven vorgestellt. Besucherinnen und Besucher lernen verschiedene Textilsiegel sowie Organisationen wie die Clean Clothes Campaign, die Fair Wear Foundation oder Greenpeace kennen, die auf Missstände in der Bekleidungsproduktion aufmerksam machen und sich für mehr Transparenz und die Einhaltung verschiedener Umwelt- und Sozialstandards einsetzen.

Aber – und das ist das einzige Manko an der Ausstellung – der Teil der Slow Fashion wird sehr technisch präsentiert und zeigt längst nicht, wie unglaublich vielseitig, modern und tragbar Eco Fashion mittlerweile geworden ist. So bleibt vielen Besucherinnen und Besuchern zwar der schale Geschmack des schlechten Gewissens, aber zu wenig Wissen um echte Alternativen.

 

     
 Sara Westerhaus   Sara Westerhaus ist Onlineredakteurin und freie Autorin für verschiedene Magazine und Blogs. Schon seit 2007 bloggt sie zudem in ihrem eigenen Blog In Bewegung über Nachhaltigkeit, Vegetarismus und Laufsport.

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Veröffentlicht in: News

4 Kommentare auf "Fast Fashion: Die Schattenseiten der Mode"

1 | Fast Fashion: Die Schattenseiten der Mode | In Bewegung

Mai 21st, 2015 at 07:58

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[…] und Gewerbe geschrieben. Die Kurzfassung Wann & Wo gibt es bei Mit Vergnügen Hamburg, die Langfassung Wieso, Weshalb, Warum bei Grüne Mode. Und um mich nicht zu wiederholen: Lest dort und geht […]

2 | Rebecca

Juni 10th, 2015 at 14:10

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Hallo, ich finde es sehr mutig und gleichzeitig schön, dass hier so offen über dieses Thema geschrieben wird. Mode ist schön, aber man darf deshalb nicht glauben, dass mit der Modeindustrie nicht auch Leid und Ungerechtigkeit verknüpft sind. Leider. Darüber muss man aufklären, damit mehr Menschen die Augen öffnen. Macht weiter so.

Lg aus St. Leonhard Passeier

4 | Manja

Juli 8th, 2015 at 23:07

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Leider Gottes gibt es eben immer 2 Medaillen. So traurig und erschütternd es eben ist. Aber wir als Verbraucher sind die einzigen die wirklich etwas ändern können. Aber wer ist schon dazu bereit? Leider die wenigsten :)