09 Dez, 2014

„Cycling is not a sport“ – Mathias Ahrberg im Interview über grüne Fahrradmode

Trotz Nieselregen und Graupelschauer sind viele von ihnen in Berlin täglich unterwegs: die Fahrradfahrer. Unermüdlich, trotz schlechter Witterungsbedingungen. Sowohl für diese Radfahrer als auch für alle, die lieber den Drahtesel nehmen als den Öffentlichen Nahverkehr oder das Auto gibt es die neue Kollektion von AHRBERG – einem kleinen feinen Fahrradsportlabel aus Hamburg. Aus der Taufe gehoben wurde dies vom Namensgeber Mathias Ahrberg, den ich zum Interview bieten durfte.

Ahrberg | Interview | Fahrradmode | EcoFashion | Foto: René Zieger | GRÜNE MODE

Alf / Mathias, du hast bis 2012 mit Wiebke zusammen fairliebt gemacht. Auf der Abschiedsfeier in Hamburg wusstest du aber noch nicht, dass es für dich mit AHRBERG weitergehen sollte. Wie kamst du auf die Idee, Fahrradbekleidung zu machen?

Mathias / Das hat sich langsam so entwickelt. Kurz nachdem wir mit fairliebt aufgehört haben, saß ich mit meinem guten Freund Christian, mit dem ich versuche einmal im Jahr in Österreich Mountainbike zu fahren, abends auf dem Balkon, wir tranken ein Bier und Christian sagte: „Und jetzt gründest du ein Fahrradsportlabel!“ Ich lachte und sagte: „Auf gar keinen Fall!“ Eineinhalb Jahre später waren wir wieder Radfahren, diesmal im Allgäu, haben Bier getrunken und ich meinte zu ihm: „Rate mal, was ich jetzt mache? Ein Fahrradsportlabel!“

A / Was ist in den eineinhalb Jahren passiert und warum hast du dich für Fahrradmode entschieden?

M / Ich hatte doch wieder Lust, etwas Eigenes zu machen. Bei der Fahrradmode hat mich vieles gestört: Die Materialien, der Look, der ganze Ansatz. Mit AHRBERG geht es mir darum, dem Radfahren eine Wertigkeit zu geben. Die Fahrradfahrer sind noch eine sehr heterogene Masse. Es gibt kein „Wir sind Radfahrer“, wobei sich das seit Jahren bessert. Radfahren ist aber nicht nur Sport, sondern eben auch praktisch. Das Fahrrad ist das praktischere Fortbewegungsmittel. Und dafür mache ich mit AHRBERG auch praktische Fahrradmode.

A / Neben den „Freunde am Fahren„-Touren sind die Messen für dich wichtig, um AHRBERG bekannter zu machen. Du hast 2014 auf der Velo und der Berliner Fahrradschau tolles Feedback für deine Kollektion bekommen. Manche waren begeistert, da dein Loop »wirklich so gut ist wie du gesagt hast« – ein tolles Lob für deine Arbeit und deine Produkte.

Ahrberg | Interview | Fahrradmode | EcoFashion | Foto: Ahrberg.cc | GRÜNE MODE Ahrberg | Interview | Fahrradmode | EcoFashion | Foto: Ahrberg.cc | GRÜNE MODE

M / Danke und »Ja«, das Material, welches wir verwenden, ist wirklich gut. Für das Shirt haben wir TENCEL verwendet. Der Stoff wird in Österreich produziert und in einer polnischen Näherei weiterverarbeitet. Der Loop besteht aus 60 Prozent TENCEL und 37 Prozent Meryl Nexten, einer klassischen Funktionsfaser. Das ist aus grünem Gesichtspunkt nicht ganz korrekt, da es eine Neufaser ist, die eingearbeitet wird. Das Problem ist: Wir kriegen in Europa keine recycelten Fasern, da wir als Label viel zu klein sind. An diesem Punkt wägen wir ab und haben uns für ein Bluesign®-zertifiziertes Produkt entschieden, welches zudem vegan ist.

A / (Überrascht) Ist vegane Radkleidung ein Thema?

M / Ja, nicht nur in meinem Freundeskreis. Für Radkleidung wird häufig Merino-Wolle, meist aus Neuseeland, verwendet. Alles, was schlicht und schön ist, ist auch aus Merino-Wolle. Gerade der Prozess der Gewinnung der Wolle ist fragwürdig. Um darauf nicht zurückgreifen zu müssen, haben wir beim Shirt auf 93 Prozent TENCEL und 7 Prozent Elasthan gesetzt – und haben damit ein noch besseres Produkt erhalten.

A / Mit TENCEL bist du der einzige Anbieter im Fahrradbereich, wenn ich das richtig im Kopf habe.

M / Ja, und ich bin verwundert, dass so wenige Labels TENCEL für Bekleidung verwenden. TENCEL ist gegenüber der Baumwolle die effizientere Faser, gerade in Bezug auf die Anbaufläche und den Wasserverbrauch.

 

Ahrberg | Interview | Fahrradmode | EcoFashion | Foto: Ahrberg.cc | GRÜNE MODE

A / Was mich wundert ist: TENCEL wird kaum verwendet, obwohl es eine bessere Haptik hat und eine höhere Qualität in der Verarbeitung garantiert …

M / … aber teurer ist. Das ist der Knackpunkt, das Ausschlaggebende. Du bist mit TENCEL gleich im höherpreisigen Segment. Bei einem T-Shirt liegst du eben bei 65 Euro. Im Lifestyle-Bereich ist das viel, im Sport- und Funktionsbereich aber noch in Ordnung. Ich bin weiterhin optimistisch, auch wenn das Material das Dreifache von einer sehr guten Baumwolle kostet.

A / Nach dem Loop, den Cycling Caps, dem Shirt und deinem Baselayer – wie geht es mit AHRBERG modisch weiter?

M / Perspektivisch wollen wir Richtung Streetwear gehen. Aber wir nehmen uns immer viel Zeit für die einzelnen Produkte, da wir alles selbst entwickeln. Wir schlagen nicht einfach den Katalog auf und drucken irgendwo unser Label drauf. Ich hätte zum Beispiel total Bock auf eine Hose, aber das ist eben ein immenser Aufwand. Gerade bei einer Jeans, die bei 140 Euro liegen würde. Ein Loop ist da einfacher, ein Teil zum Mitnehmen, für 40 Euro.

A / Nicht nur für die Rennfahrer?

M / Nein, für alle Radfahrer. Auf unserem Shirt zum Beispiel findest du keinen Reflektorstreifen oder ähnliches. Es ist einfach ein tolles Shirt, das dich auf dem Rad gut gekleidet und funktional auf die Arbeit bringt. So einfach ist es, nach dem Motto »Cycling is not a sport«.

Fotos: René Zieger (Ahrberg Cycle Cap) sowie Ahrberg.cc (Produktfotos) als auch Björn Lexius (Kampagnenmotiv)

Ihr wollt noch mehr über Ahrberg wissen? Dann lest am besten hier das ausführliche Interview von Alf mit Mathias – mit weiteren Infos, Anekdoten und einigen philosophischen Gedanken.

     
 Alf-Tobias Zahn   Alf-Tobias Zahn führt mit seiner Initiative Designmob Kinder und Jugendliche spielerisch an das Thema "öko-faire Mode" heran und schreibt als freier Modejournalist über "Grüne Mode" für Groß und Klein, unter anderem für das Berliner Blogazine Kalinka.Kalinka und seinen eigenen Blog www.grossvrtig.de.

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Veröffentlicht in: News

1 Kommentar auf "„Cycling is not a sport“ – Mathias Ahrberg im Interview über grüne Fahrradmode"

1 | Luk

Februar 6th, 2015 at 14:57

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Grade wenn man „nur“ grade zur Arbeit fahren will sind straßentauglichere Klamotten oft praktischer als professionelle Fahrradbekleidung. Das wäre das gleich als wenn man einmal einen romantischen Abend verbringen möchte und gleich in ein Romantikhotel fährt ;P
Gruß Luk