17 Nov, 2014
Zusammen ist es Klimaschutz
Wie sind energetische Gebäudesanierungen besser zu fördern? Kann es eine Steuererleichterung für klimafreundliche vegane Produkte geben? Wann kommt endlich ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen?
Bei der Kickoff-Veranstaltung zur neuen Kampagne Zusammen ist es Klimaschutz des Bundesumweltministeriums stellte sich Ministerin Barbara Hendricks den Fragen der einbezogenen Blogger_innen. In den wunderbaren Räumen der Berliner Hörsaalruine kamen engagierte Netzjournalist_innen aus verschiedensten nachhaltigkeitsbezogenen Themenbereichen zusammen. Unter anderem Florian Semle für Utopia, Christoph Harrach von Karma Konsum, Christoph Schott von Avaaz, Martin Randelhoff von Zukunft Mobilität und Marco Eisenack für Klimaretter. Hendricks bewies viel ökologischen Sachverstand in den unterschiedlichsten Feldern. Sie ist eine sehr offene und im positivsten Sinne bodenständige Politikerin. Das ist ja nun nicht unbedingt der Regelfall und hat mir sehr imponiert.
Klimapolitisch liegen Frau Hendricks und ich dagegen so gar nicht auf einer Wellenlänge. Zunächst einmal hält Frau Hendricks das 2-Grad-Ziel für wissenschaftlich unumstritten, von ein paar Einzelpositionen abgesehen. Damit meinte sie wohl einzelne Klimaskeptiker, die generell gegen jede Klimaschutzmaßnahme argumentieren. Richtig ist jedoch, dass es in der Wissenschaft auch renomierte Forscher_innen gibt, die das 2-Grad-Ziel für zu schwach halten, da die Folgen einer entsprechenden Erwärmung insbesondere im globalen Süden existenzbedrohende Auswirkungen haben können. Entsprechend votieren 44 in der Alianz der kleinen Inselstaaten zusammengeschlossene Länder für eine Verschärfung des Ziels auf 1,5 Grad.
Wie angekündigt habe ich nach der Vereinbarkeit von wachstumsorientierter Wirtschaftspolitik und zielführendem Klimaschutz gefragt. Da sieht Frau Hendricks überhaupt kein Problem. Sie glaubt an grünes Wachstum und hält die Wirtschaftspolitik ihres Parteikollegen Gabriel – zumindest öffentlich – nicht für wachstumsorientiert. In Zeiten, in denen es ökologische Wachstums- und Kapitalismuskritik vielfach in die Feuiltons der großen Printmedien geschafft hat, war ich von so viel grüner Wachstumsüberzeugung doch etwas enttäuscht. Wie gut die Politik des Wirtschaftsminiteriums zum Klimaschutz passt, beweist Herr Gabriel uns ja nun gerade eindrucksvoll beim Thema Kohlekraftwerke.
Ganz anders die versammelten Netzjournalist_innen. Gleich mehrere Kolleg_innen stiegen auf die Thematik ein und unterstrichen eine wachstumskritische Haltung und die Forderung nach weitergehenden Klimaschutzmaßnahmen, die – wo notwendig – auch zu Lasten unseres materiellen Wohlstands gehen dürften.
Barabara Hendricks verwehrte sich strickt gegen eine Politik, die in die Lebensweisen der Menschen hineinregiert. Zwar lebe sie selber in vielen Bereichen materiell eher bescheiden, aber wolle niemanden vorschreiben es ihr gleich zu tun. Vielleicht auch als Lehre aus dem Veggieday-Trauma der Grünen spielte Hendricks mehrfach die Freiheit des Einzelnen gegen ambitioniertere Klimaziele aus.
Wer sämtliche Einschränkungen hierzulande für unzumutbare Eingriffe in die Handlungsfreiheiten hält, wird auch das 2-Grad-Ziel nicht erreichen oder muss die Einschränkungen anderen Gesellschaften aufbürden.
Bei der Podiumsdiskussion im Anschluss an die Bloggerfragerunde wurde das Thema erneut aufgegriffen. Gefragt, ob nicht unsere Konsumfreiheiten wiederum in die Entwicklungsfreiheiten von Menschen in anderen Teilen der Welt eingreifen würden, bejahte die Ministerin zumindest diesen Zusammenhang. Eine Vertiefung der Problematik war leider aus zeitlich gründen nicht mehr möglich.
Progressivere Vorstöße für Klima- und Ressourcengerechtigkeit im Sinne von Kontraktion und Konvergenz oder dem persönlichen CO²-Budget sind also von Barbara Hendricks wohl erstmal nicht zu erwarten. Für Aufklärung und Unterstützung beim nachhaltigeren Konsum ist sie hingegen auf jeden Fall zu haben. Auch das Thema Textilsiegel interessiert sie sehr und eine Regelung für die Werbung mit Begriffen wie „klimafreundlich“, „klimaneutral“ und Ähnlichem wurde andiskutiert.
Versprochen hat Frau Hendricks zudem eine Anfrage beim Finanzminister zur Besteuerung von Pflanzenmilch (Soja- Hafer-, Mandelmich und Co), die bisher mit 19 % Mehrwertsteuer gegenüber Kuhmilch „diskriminiert“ wird. Eingebracht hatte dies Julia Koch vom schicken jungen Veganblog Times They Changing. Ich bin gespannt, was der Herr Schäuble dazu sagt.
Zusammen ist es Klimaschutz. Mit der Kampagne will das Umweltministerium zu nachhaltigem Verhalten im Alltag anregen. Die Kampagne wird vorrangig über soziale Medien verbreitet und entsprechend richtet sie sich an ein eher jüngeres, internetaffines Prublikum. Von allen eingeladenen Blogger_innen wurden kurze Clips gedreht, in denen sie ihr Blog und ihr Engagement für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz vorstellen. Schaut euch die Videos mal an und vor allem auch die dazugehörigen Blogs. Neben Times They Changing ist mit Pink & Green noch ein schönes veganes Ökomodeblog dabei. Zumindest die Blogger_innen schienen mir durchweg an ambitioniertem Klimaschutz interessiert. Beibt die Frage, ob das auch zusammen mit dieser Regierung möglich ist.
Natürlich will ich euch mein Video nicht vorenthalten. Von mir unbeeinflusst beginnt das passender Weise gleich mit einer Verzichtspredigt…
Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs. Hier finden Sie alle Artikel von Lars Wittenbrink . |
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