08 Nov, 2009
Stoppt Kinderarbeit!
So dickhäutig muss man erstmal sein! Während Präsident Karimovs Tochter Gulnara usbekische Kleider und Schmuck auf der Mailänder Modewoche vorführte, schwitzten mehr als 450.000 Schulkinder auf den Feldern Usbekistans beim Baumwollpflücken. Nicht freiwillig, sondern weil das autoritäre Regime des zentralasiatischen Staates sie zwingt. An dieser Praxis hat sich seit der Stalin-Ära nichts geändert. Diese Bilanz zieht der usbekische Oppositionelle Alisher Ilkhamov in seinem jüngsten Bericht zur Lage in seinem Land. Alisher wird gemeinsam mit Peter Ingwersen vom dänischen Luxuslabel Noir und mir über Kinderarbeit in der Textilindustrie debattieren.
Eingeladen hat die Welthungerhilfe, deutscher Träger der internationalen Kampagne „Stopp Kinderarbeit! Schule ist der beste Arbeitsplatz“. Die Veranstaltung am Donnerstagabend, den 3. Dezember im Design Department in Düsseldorf, ist öffentlich (19 bis 20.30 Uhr).
Zwar hat die usbekische Regierung 2008 die Konventionen der Weltarbeitsorganisation gegen ausbeuterische Kinderarbeit unterzeichnet, dennoch schließt Präsident Karimov die Schulen und schickt 10 bis 16-Jährige routinemäßig für sechs harte Wochen auf die Äcker. Wer seine tägliche Quote von 15 bis 20 Kilogramm Baumwolle nicht erfüllt, muss im Dunkeln weiter pflücken. Wer aufmuckt, verliert den ohnehin mageren Lohn von fünf Cent pro Kilogramm des „weißen Goldes“. Usbekistan ist weltweit der zweitgrößte Exporteur von Baumwolle, das Gros der Ernte landet in Bangladesch, Iran und China, wo die Textilriesen der Welt produzieren lassen.
Ein Bann von Tesco, Walmart oder auch Gap blieb bisher ohne Erfolg. Offenbar durchschauen diese Firmen aber ihre Lieferketten so weit, dass ein Verzicht möglich ist. Gemeinhin behaupten Textilfirmen, sie hätten keine Kontrolle über ihre Lieferkette und wüssten nicht, woher ihre Baumwolle stammt. Das lässt an Zynismus nichts zu wünschen übrig. Einerseits in Billiglohnländern das Annähen von Köpfen und korrekte Nähte akribisch überwachen und andererseits nicht in der Lage sein, den bedeutsamsten Rohstoff bis zu seiner Quelle zu verfolgen? Was mich vor allem erschreckt, ist die Symbolwirkung, die diese organisierte Ahnungslosigkeit auf Diktatoren wie Karimov haben muss. Gemeinhin verstehen diese Despoten solches Verhalten als Ermunterung mit der staatlich angeordneten Sklavenarbeit fortzufahren.
Ich bin aber auch gespannt, wie offen Peter Ingwersen von Noir seine Branche anprangert und wie er für Gewissheit sorgt, dass in seiner Mode keine Kinderarbeit steckt.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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