22 Jul, 2014
FashionWeek Review 2: SEEK und Capsule
Die progressivere, jüngere Schwester der Premium – die SEEK – war sehr gut besucht. In unserem Green Guide hatten wir nur Veja aus Frankreich gelistet, doch es gab noch einiges mehr zu entdecken.
Das beliebte FairTrade Sneaker Brand glänzte diesmal vor allem durch neue Materialien. Recycling-Polyester-Mesh ermöglicht eine technischere Sneaker-Ästhetik (Foto rechts). Ein grober Leinen-Webstoff bildet einen interessanten Kontrast zu klaren Formen. Ein neues Runner-Modell ergänzt das Angebot im Bereich der derzeit wohl verbreitetsten Streetfashion-Schuhform und sorgt für mehr Alternativen zu Nike und New Balance, die gerade extrem erfolgreich in diesem Segment sind.
Beigestert hat mich die neue, feinere Serie vom schwedischen Traditionshersteller Kavat. Sandalen, Halbschuh und Slipper mit feiner Ledersohle und absolut bürotauglich. Echtes Kontrastprogramm zu den derberen Boots der bekannten Standardkollektion und eine echte Bereicherung im immer noch sehr schmalen Angebot moderner, pflanzlich gegerbter Lederschuhe.
Selbiges gilt auch für die Sandalen von LEVIT, die ich ebenfalls auf der SEEK entdeckte. Nur 2 Modelle, beide unisex und jeweils in 3 Farbvarianten. Sehr hochwertige europäische Verarbeitung und tolle Form. Für grüne HighFashion-Stores sicher interessant.
Ähnliche fokussiert auf wenige Produkte ist das Angebot von Simon&Me. Es gibt ein edles Basic-Shirt mit sehr schöner Schnittführung im Rückteil in schwarz und weiß. Dazu ein Kamm, ein Armreif, Rasiercreme, ein Kompass, 2 Handtaschen. Das wars. Hier geht es nicht um Trends und Masse, sondern Fokus und Perfektion.
Schon länger auf der SEEK dabei und mit zunehmendem ökologischen Materialanteil ist der Taschenhersteller QWSTION aus der Schweiz. Bio-Baumwoll-Canvas, chromfreigegerbtes Leder und Recycling-Polyester finden Verwendung für die modern-minimalistischen und dabei hochfunktionalen Designs. Schon länger begeistert bin ich auch von den Rucksäcken von Cote&Ciel. Neben dem mit Designawards ausgezeichneten City-Rucksack „Isar“ haben die Franzosen inzwischen eine ansehnliche Kollektion an Taschen und Accessoires entwickelt. Bei Cote&Ciel ist allerdings nur ein kleinerer Teil der Modelle aus Bio-Baumwolle oder Recycling-Polyester erhältlich.
Turnussmäßig habe ich auch bei Misericordia vorbeigeschaut, deren Kollektion zu den Spannendsten zählt, die ich mir während der FashionWeek angeschaut habe. Leider sind die haptisch wie optisch großartigen Stoffe und Strickqulitäten bis auf einige Jersey-T-Shirt nicht „organic“. Misericordia versucht möglichst alle Materialien direkt im Produktionsland Peru zu beziehen und hat dabei wohl Schwierigkeiten diese in Bioqualität zu bekommen. Solche Materialien, wie sie sie inzwischen verwenden, wären jedoch wohl auch global nicht leicht in „Bio“ zu finden. Sozial ist Misericordia ein vorbildliches Projekt. Ich wünsche ihnen, dass sie so wachsen, dass sie ihre Materialien eines Tages selbst in ökologischen Varianten produzieren können.
Leider verpasst habe ich auf der SEEK die Podiumsdiskussion „Design 2.0.: A Discussion what modern Design is today“, unter anderem mit Friederike von Wedel-Parlow (Professor MA Sustainability in Fashion at Esmod Berlin) und Simon Freund (Simon & Me). Wie mir Friederike später erzählte, konnte sie erfolgreich Nachhaltigkeit zum Hauptthema der Veranstaltung machen. Überhaupt dreht sich auf der SEEK viel um Qualität, klassische und oft durchaus zeitlose Designs mit modernem Twist und vieles ist made in Europe oder made in USA. Grün hingegen hat bisher keinen großen Stellenwert, dabei wären Preisklasse und Zielpublikum dafür durchaus geeignet.
Das gilt auch für die andere progressive Streetfashion-Messe „Capsule“. Erstmals präsentierte sich Bleed dort zwischen jeder Menge angesagter erwachsener Streetwear und Urban Design Brands. Die Kollektion der Boardsports-verwurzelten Bayern ist cleaner und erwachsener geworden, was zur Messe passte und mir auch sehr gut gefiel. Neben lockeren Sweat- und Strickpullovern sowie schönen Shirts sind gemusterte Leinen-Hemden und vor allem auch 2 technische Jacken mit PFC-freier Membran und Imprägnierung die Highlights.
Schon länger auf der Capsule dabei ist A Question of. Die Copenhagener sind sicherlich eines der progressivsten Brands mit Bekenntnis zu ökologischer und fairer Produktion. Diesmal stechen vor allem goldene Prints heraus, die mich ein bisschen an Gangster-Hip-Hop-Mode der 90er erinnert haben (Foto rechts). Stark ist A Question of immer auch in digital bedruckten Stoffen, bei denen sich ein Fotomotiv in wiederholender Anordnung zu faszinierenden Mustern zusammenfügt. Leider sind genau diese Teile und in dieser Kollektion auch noch eine Reihe Weitere aus frischem Polyester gefertigt. Die Begründung recyceltes Polyester sei nicht sauber genug und verbrauche zu viel Ressourcen kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Alle mir bekannten Lebenszyklusanalysen sagen etwas anderes.
Auch auf der Capsule habe ich dann noch ein grünes Label entdeckt, dass ich zuvor nicht kannte. Eve&Adis fertigen Taschen und Rucksäcke aus Bio-Canvas, regionalem, pflanzlich gegerbtem Bio-Leder und Kork. Alle Modelle gibt es sowohl in veganer Bio-Canvas-Kork-Variante als auch mit Leder. Letzteres bezieht das Designerpaar direkt von einem Biohof in ihrer der Nähe und auch die pflanzliche Gerbung erfolgt lokal. Sehr schick fand ich zudem die Armbänder und Ketten aus Messingmuttern, die mir jedoch nicht recycelt schienen.
Das war es dann auch mit Grün auf der Capsule. Im Vergleich der beiden kleineren Messen hatte die SEEK deutlich mehr zu bieten. Auf Grund der sehr ähnlichen Ausrichtung bin ich gespannt, wie lange sich beide Messen parallel halten können und wie sich das Thema grüne Mode auf ihnen entwickelt.
Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs. Hier finden Sie alle Artikel von Lars Wittenbrink . |
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