15 Jul, 2014

Es hat „Klick“ gemacht

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Wohin steuert das Messe-Schlachtschiff? Foto: @breadandbutter.com (Toni Kretschmer)

 

Die „Bread&Butter“ gilt als Motor der Berliner Modewoche. Doch nun hat Karl-Heinz Müller beschlossen, zumindest für den Winter nach Barcelona zu entschwinden. Den Schauplatz zu wechseln, ist für diese Streetstyle-Messe nur konsequent, denn sie verkauft vor allem das Lebensgefühl des schnellen Wandels an ihre Kunden. Für die wenigen ökologisch orientierten Aussteller auf der B&B wie Kuyichi, Koi, Knowledge Cotton oder Nudie findet sich auch auf einer anderen der Berliner Messen ein passender Platz. Warum die Nähe zu Jeansriesen und Massendesign zwingend ist, habe ich ohnehin nie verstanden.

Allerdings habe ich mir ein kurzes Gedankenspiel gegönnt und fantasiert, wohin der grüne Teil der Berliner Modewoche wohl ziehen könnte. Osteuropa vielleicht, eine der kommenden Städte wie Sarajewo? Aber die Wahrheit ist, dass ein ökologisches Gewissen sich nicht so leicht verpflanzen lässt. Und so passt Grün nach Berlin.

Ihre beste Zeit scheint die Bread&Butter ohnehin hinter sich zu haben – es war eher leer. Dafür hatten die grünen Label sich fein gemacht.

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Richtig „Klick“ gemacht hat es bei Kuyichi. Nicht nur, dass die Sommer-Kollektion 2015 vom Design überzeugt, es war deutlich zu spüren, dass Kuyichi das zwischenzeitliche Mexx-Management-Tief überwunden hat und nun zu ihrem Kernprinzipien zurück gekehrt ist („We see it as our mission. Now and in the future“). Das darf die grüne Händler-Szene, die ordentlich violetDruck auf Kuyichi gemacht hat, getrost auch als ihren Erfolg verbuchen.  Die Teile, die wie das Shirt Violet (im Bild rechts, gibt es in drei Farben!), GOTS und Fairtrade-zertifiziert sind, gefielen mir besonders gut. Topseller ist laut Auskunft von Kuyichi aber das ärmellose Jeans-Kleid „Elvira“ (Foto oben) oder die army-grüne Hemdbluse „Birdy“ aus Tencel.  Anders als anderen Denim-Brands gelingen Kuyichi nicht nur die Jeans, sondern auch die Oberteile gut. Außerdem sind die Sachen erschwinglich.

KOI hat mich dagegen enttäuscht, bis auf einen Jeans-Jumpsuit, der mit einer grob gestrickten Jacke drüber auch für kältere Tage taugt und damit für das ganze Jahr, gab es keine lässigen Looks bei den Oberteilen. Dafür aber ein erneut erweitertes solides Jeansangebot.

Was Oberteile angeht, hat mich ausgerechnet eine Mainstream-Marke überzeugt, die seit Jahren eine kleine, aber erfrischende Organic-Kollektion macht: Marc 0`Polo. Deren neues Gesicht ist die schlacksige Schauspielerin Uma Thurmann, was zu Oversized-Parka und Overize-Strickmäntel im Kimono-Stil passt. Schmale, lange Oberteile gewinnen dort  an Bedeutung. Aufsteiger bei Marc 0´Polo organic bleiben weiter die Blusen, oft mit Druck, die auch in meinem Kleiderschrank hängen.

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Weiter zu Knowledge Cotton, deren Anzug und Jacket-Armada sich sehen lassen kann. War es früher schwer, ein ordentliches Jackett zu finden, hat sich das mit diesem Angebot nun gelöst. Überhaupt hat Knowledge Cotton Extra-Pieces, die nicht an jeder Ecke zu finden sind. Viele der Herren-Sachen sind übrigens auch für Frauen gut tragbar – diesmal etwa ein blauer Sweater mit einem feinen Muster, dass an ein Nicki-Tuch erinnerte. Und das Hawai-Hemd der nächsten Sommer-Kollektion ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber sicher ein Hingucker. Insgesamt eine vielschichtige Kollektion.

Meine letzte Station auf der B&B war Nudie, die im Januar ihren ersten Berlin-Store eröffnet haben und dort auch ihren berühmten Gratis-Repair-Service für Jeans anbieten. So wie Schuhe mehrfach besohlt werden, sollen auch Jeans immer wieder geflickt werden.  Das wird so gut angenommen, dass es in Berlin drei Wochen dauert, bis man seine ausgebesserte Jeans wieder bekommt.  Man braucht also kein Geld, aber Geduld.

Bitte gestattet mir ein wenig Spott an dieser Stelle. Die Reparatur ist wirklich amateurhaft gemacht. So wenig wie der Fettfleck von Joseph Beuys ein Kunstwerk ist, so wenig bietet Nudie gute Flick-Kunst. Aber die Kunden scheint es nicht zu stören. Was die Jeans angeht, ist Nudie wieder blauer und dunkler geworden. Aber die dunklen, ungewaschenen Jeans sind einfach ökologischer als die mühsam aufgehellten. So gesehen ein guter Schritt. Schöne neue Shirts und Hemden haben die Schweden auch zu bieten. Anders als die Jeans sind die Oberteile aber wohl wirklich nur was für Männer.

Dieser Blog-Eintrag ist der Auftakt unser Nachberichterstattung zur Berlin Fashion Week – stay tuned, eco warriors!

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: News

4 Kommentare auf "Es hat „Klick“ gemacht"

1 | Sabrina Müller

Juli 17th, 2014 at 19:20

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Liebe Kirsten,
ich bin überrascht – hat Kuyichi wirklich so gut abgeschlossen?
Ich gestehe, dass ich schon zu Zeiten meines ersten Online Shops für Eco Fashion an Kuyichi vorbei geschlichen bin, sie mich aber zu sehr an eine kommerzielle Mass Brand erinnern. Ähnlich wie Knowledge Cotton.
Nicht, dass ich sie nicht schön finde, aber sind sie wirklich so fair zu Mensch und Umwelt? Ihre Zusammenarbeit mit Amazon, Zalando und Co. überzeugt mich irgendwie nicht.
Und Marc O’Polo?
Oder geht es hier nur um „grün“, aber nicht um Nachhaltigkeit mit all seinen Facetten.
KOI werde ich mir selbst bald angucken, aber das glaube ich gerne, dass es hier zwar solide Hosen gibt, aber keine Tops. Wobei mein Denim-Herz schon sieht, dass die Hosen schon mehr als solide sind, wobei ich eigentlich auch nur für die Herrenjeans sprechen kann.

2 | Christoph Dahn

Juli 19th, 2014 at 12:04

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Die von Dir angesprochenen Marken sprechen aus strategischen Gründen den Mainstream an. Knowledge Cotton zb. stellt ja auch zusätzlich auf der Innatex aus.
Ich bin gespannt ob die Messe in Barcelona wirklich stattfindet. Karl Heinz Mülller hat ja schon so einige Kaninchen aus dem Hut gezogen die dann still und heimlich beerdigt wurden.
(siehe den Endverbrauchertag)
Die Breadandbutter scheint unter massivem Druck zu stehen.
Die Händler und die Marken werden sich wohl aus Budgetgründen für eine der Messen entscheiden.
Deshalb glaube ich das beide Messen verlieren werden.

3 | Kirsten

Juli 19th, 2014 at 12:37

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@Christoph@Sabrina: Erst mal danke für eure beiden Debatten-Beiträge. Ich freue mich immer, wenn sich hier so ausgewiesene Kenner der Szene zu Wort melden. Zu dir Sabrina: Zalando mag ich auch nicht, aber Kuyichi ist in der FWF und macht jetzt eine Teil-Kollektion, die eben GOTS und Fairtrade kombiniert. Da schneiden sie schon gut ab, finde ich. Marco o´ Polo ist nichts für einen grünen Concept Store (weil nur halbgar), hast du recht. Ich habe mich bei Marc o´ Polo auf der B&B umgeschaut, weil mich interessiert, was die sehr kommerziellen Marken so an contemporary design präsentieren. Und bei manchen Marken sähe ich gerne, dass sie sich mehr in Richtung grün&fair bewegen – auch bei Closed oder COS (Edel-H&M) oder eben Marc o´´ Polo. Interessant fand ich deine Meinung zu „Mainstream! – per se ist das ja nicht schlecht, oder? Ich habe überlegt, was mir sonst noch an Top-Sellern einfällt, die ich „Mainstream“ und gut finde – zum Beispiel Lanius? Aber vermutlich sind wir da nicht weit auseinander.
@Christoph: Sehe ich wie du. Karl-Heinz Müller ist eine lose Kanone, Aber siehe mein Argument oben mit dem schnellen Wechsel, den er verkauft. Kann mir vorstellen, dass Barcelona und sogar Seoul kommen.
Schönes Wochenende an euch alle. Ich gehe jetzt an den Strand!