18 Sep, 2009
Protestnähen
Man hofft, dass sie irgendwann durchs Ziel gehen und etwas erreichen. Die surrenden Nähmaschinen vorm Bundeskanzleramt fügen 1000 Protestkarten zusammen. Statt wachsweicher Absichterklärungen der Textilindustrie fordern sie, dass der Gesetzgeber zupackt und die Modebranche zur Einhaltung von Sozialstandards zwingt. Der Fokus der Aktion der Kampagne für Saubere Kleidung liegt auf den Billigheimern, sprich Discountern wie Aldi, Lidl und Kik, die bislang für Minimal-Ethik stehen. Zwar kümmerte sich die Kanzlerin wenig um die Bordstein-Aktion, aber immerhin sind die Themen Kinderarbeit und Hungerlöhne in den Köpfen vieler Menschen angekommen. Eine EU-weite Verbraucherbefragung der Marktforscher von BBE ergab, dass das Thema Soziales für die Entscheidung von Modekäufern wichtiger wird.
Zwar liegen Produktqualität und Preis nach wie vor auf Platz eins und zwei (in der EU und in Deutschland), aber in Deutschland zählt die ethische Qualität (3,3) sogar mehr als die modische Aktualität (3,1) oder die Marke (1,7). Ethik (3,3) ist den Deutschen sogar noch wichtiger als Umweltfreundlichkeit (2,3) – wie wichtig ihnen Themen waren, beurteilten die Verbraucher übrigens auf einer Skala von eins bis fünf.
Fairness holt offenbar auf, das ist ein eindrucksvolles Ergebnis.
Abgefragt wurde auch die Bekanntheit von Textillabeln. Beim Wettlauf siegte bei den Verbrauchern Oekotex 100, gefolgt vom Blauen Engel, der EU-Blume und dem GOTS. Ein bisschen Hohn hat das verdient, denn der Blaue Engel ist überhaupt kein Textilsiegel, soll heißen keine Jacke oder Hose trägt das geflügelte Zeichen!
Mein Favorit, das GOTS-Zeichen, was als Einziges auch soziale Aspekte des Kleidermachens umfasst, kannten in Europa 21 Prozent der befragten Einzelhändler und 16 Prozent der Verbraucher. Kein schlechtes Ergebnis. Nachteil: Bisher achten nur verdammt Wenige überhaupt auf Siegel, da braucht es sicher eine millionenschwere Werbekampagne, um das zu ändern.
Ich lasse weiter die spärliche restliche Herbstsonne auf Kleideretiketten fallen, die ich fleißig veröffentlichen werde. Meine „Ehrliche Etiketten“-Kampagne läuft auch auf Greenaction, der Plattform, wo man quasi selber Greenpeace sein kann……
Nächste Woche bekomme ich noch einmal mehr Sonne – ich verabschiede mich nach Barcelona. Sendepause für Kirsten.
Hier die Studie für alle, die sich selber durchkämpfen wollen: 17792_endbericht
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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