11 Apr, 2014
Da haben wir halt noch ein Siegel?
Am vergangenen Sonntag blieb einem das Frühstücksbrötchen im Halse stecken, wenn man Radio hörte. Denn überraschend kündigte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) an, er sei enttäuscht von der deutschen Textilwirtschaft und wolle noch in diesem Jahr ein nationales Textilsiegel einführen, was ökologische und soziale „Mindeststandards“ garantiere.
Oh je, habe ich gedacht. Noch ein Siegel? Wir haben ja erst ein paar Millionen. Abgesprochen hat sich der Minister offenbar im Vorfeld mit niemanden. So mag man denken, es sei eine Luftnummer und werde sowieso wieder in der Schublade verschwinden. Und als nationales Zeichen sei es sowieso zu klein gedacht, um es ernst zu nehmen.
Da die Pläne bis dato aber nicht vom Tisch sind und ich schon hörte: „Es sei ja besser als nix“, seien ein paar Killer-Argumente zur Debatte hinzu gefügt.
1. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Industrie braucht niemand (die Verbraucher nicht, nicht mal die Industrie). Wir brauchen ein gesetzlich geschütztes Siegel.
2. Ein runder Tisch zu einem Textilsiegel – nur mit der deutschen Textilbranche – ist Unsinn. Wo sind die bisherigen Siegel (GOTS und Co.), wo ist Fairtrade, wo die Kampagne für saubere Kleidung, wo Greenpeace? Da braucht es schon ein paar mehr Akteure, Herr Minister.
3. Ein Minimum-Siegel mit Mini-Standards bringt keinen Fortschritt. Es braucht ein Kombi-Siegel (öko und sozial) auf hohem Schutzniveau. Basis könnte der Global Organic Textile Standard sein, der weiter entwickelt wird. Wie das aussehen kann, haben Lars und ich hier schon vorgestellt und mit der von uns sehr geschätzten Renate Künast ausführlich diskutiert.
In meiner Rolle als Greenpeace-Kampaignerin habe ich dem Minister bereits geschrieben und um ein Gespräch gebeten. Wer ihn selber erleben will und hören, was ihm exakt vorschwebt, kann am 6. Mai nach Berlin kommen und mit ihm, Tanja Gönner (GIZ) und Achim Lohrie (Tchibo) unter dem Titel: „Günstig erstanden – teuer erkauft“ diskutieren. Ich bin da.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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