28 Jan, 2014

Neue Fasern im Made-By Faser-Benchmark

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Quelle: https://www.made-by.org/benchmarks/environmental

Schon mehrfach haben wir uns auf diesem Blog mit Ökobilanz-Vergleichen verschiedener Fasern auseinandergesetzt. Nach wie vor würden wir uns mehr soche Studien wünschen, zumal es für viele Fasern bisher überhaupt noch keine vergleichenden Untersuchungen gibt.

Zuletzt hatten wir an dieser Stelle daher eine Prognose für 2 besonders spannende neue Regeneratfasern veröffentlicht. Monocel und Modal Edelweiß. Als Grundschema haben wir dafür den Made-By-Faserbenchmark verwendet. In einem jüngst veröffentlichten Update (siehe oben) hat Made-By unsere Einordnung von Monocel mit Daten untermauert und bestätigt. Monocel ist wie Tencel ein sogenanntes Lyocell und unterscheidet sich vorrangig in der Rohstoffbasis. Die ist bei Tencel Eukalyptus und laut Hersteller Lenzing zunehmend europäisches Buchenholz. Bei Monocel ist es Bambus.

Da Monocel haptisch von einer Viskose kaum zu unterscheiden ist, wird es für Verbraucher, Labels und Händler in Zukunft etwas komplizerter. Wo Bambus drauf steht, könnte nun sowohl das „grüne“ Monocel als auch die ökologisch schlecht abschneidende Bambus-Viskose drin sein, die auf Grund des chemie- und energieintensiven Prozesses nicht besser ist als jede andere konventionelle Viskose. Zumindest auf dem Etikett im Textil müsste nach Textilkennzeichnungsverordnung jedoch bei Monocel die Faserbezeichnung „Lyocell“ stehen und bei Bambus-Viskose einfach „Viskose“ oder „Viscose“. Die Rohstoffbasis wird bei Regeneratfasern in der Textilkennzeichnung nicht ausgewiesen.

Die zweite von uns per Prognose eingeordnete Faser ist Modal Edelweiß von Lenzing. Modal wird von verschiedenen Faserherstellern produziert. Der österreichische Hersteller Lenzing hat für seine Modalproduktion einen kreislaufförmigen Prozess entwickelt. Im oben gezeigten Update ist dieser neue Prozess noch nicht berücksichtigt. Ein vollständiges Update des Benchmarks hat Made-By für September angekündigt. Auch sie erwarten dann eine positivere Einordnung für Modal Edelweiß, dass z.b. von Wunderwerk und ab Winter 2014 auch von Armedangels verwendet wird. Vieles spricht dafür, Modal Edelweiß vergleichbar zu Tencel einzuordnen.

Während Modal Edelweiß also aktuell noch im Benchmark fehlt, hat Made-By dafür 2 weitere Fasern neu integriert. Zum einen Elastan/Spandex. Die Stretchfaser, die in so ziemlich jeder schmaleren Jeans, Unterwäsche und Socken, aber auch einigen Oberteilen enthalten ist, fällt in Klasse E. Gründe sind die nichtnachhaltige Rohstoffbasis (Erdöl) und ein im Vergleich zum ebenfalls erdölbasierten Polyester chemieintensiverer Gewinnungsprozess.
Der Anteil von Elastan liegt bei Bio-Jeans in der Regel nur zwischen 1 und 3 Prozent. Überall dort, wo eine schmale Passform vor dem „Ausleiern“ bewahrt werden soll, ist es derzeit nahezu ohne Alternative. Der Benchmark zeigt, dass auch für diese Funktionsfaser grüne Alternativen wünschenswert wären. Zumal die Beimischung von Elastan zu sonst reinen Bio-Baumwollprodukten deren kreislauffähigkeit/kompostierbarkeit zunichte macht. Also liebe Materialwissenschaftler, wir brauchen ein kompostierbares Stretchmatierial mit sauberem Produktionsprozess!

Deutlich grüner kommt die dritte neue Faser im Benchmark daher. CRAiLAR Flax ist eine neuartige, besonders feine Flachsfaser, bei der das Lignin der Flachsfasern mittels natürlichen Enzymen entfernt wird. Die so enstehende Faser soll haptisch von Baumwolle kaum zu unterscheiden sein. Laut Hersteller kommt sie dabei mit einem Bruchteil des für den Baumwollanbau benötigten Wassers und nur minimalem Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln aus. Bio-zertifiziert ist der Anbau jedoch nicht. Ich hatte noch kein Textil aus dieser neuen Faser in der Hand, und bin sehr gespannt, welchen Stellenwert sie in den nächsten Jahren einnehmen wird und ob sie ökologisch hält, was sie verspricht.

Da Wolle hier zuletzt ein großes Thema war, auch zu deren Einordnung noch eine kurze Erläuterung. Konventionelle Wolle fällt in Kategorie E. Grund sind zum einen die Treibhausgasemissionen der Schafe (Methan) und zum anderen der starke Chlorchemieeinsatz bei der Anti-Pillingausrüstung. Weil letzterer bei Bio-Wolle wegfällt ist für sie eine bessere, wegen der Treibhausgasemissionen jedoch auch keine sehr gute Einordnung zu erwarten. Derzeit fehlt Made-By dafür noch die Datenbasis, weshalb „Organic Wool“ weiter unter „Unclassified“ geführt wird.
Wolle ist jedoch auch ein gutes Beispiel um die Grenzen des Faserbenchmarks aufzuzeigen. Ein guter Wollpullover wird viele Jahre getragen und dabei nur sehr selten gewaschen. Am Ende ist er zudem kompostierbar/kreislauffähig, solange es sich um reine Wolle handelt. In der Nutzungs- und Nachnutzungsphase schlägt die Wollfaser ökologisch damit viele andere Fasern, die in diesem Benchmark, der ja nur die Fasererzeugung berücksichtigt, stets besser abschneiden werden.

Das Thema neue Fasern und Faservergleiche wird uns auch in Zukunft noch oft beschäftigen. So werden derzeit z.b. bio-basierte Polyester und auch grünere Viskoseprozesse entwickelt.

Wer sich weiter in die Faserfragen einlesen möchte, dem seien noch folgende Studie empfohlen:

Well dressed? – the present and future sustainability of clothing and textiles in the United Kingdom

Ecological Footprint and Water Analysis of Cotton, Hemp and Polyester

The role and business case for existing and emerging fibres in sustainable clothing

     
 Lars Wittenbrink   Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs.

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4 Kommentare auf "Neue Fasern im Made-By Faser-Benchmark"

1 | Robert

Januar 28th, 2014 at 14:32

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Danke für den interessanten Beitrag Herr Wittenbrink …

und die Links zu den empfehlenswerten Studien!
Leider hat sich an den grundlegenden Fehlern des Made-By Benchmarks nichts geändert. Vermutlich müssten andere Lobbyisten auch mehr in Greenwashing investieren um wie ein Tencel in Gruppe B zu landen.
Schade dass es immer noch der einzige Benchmark in diese Richtung ist und er meist unkommentiert und kritiklos wiedergegeben wird.
Während man neue Fasern in den fehlerhaften Benchmark aufnimmt, scheinen gesicherte Erkenntnisse der letzten Jahre (Microfasern aus Poly und Viskose in maritimen Lebensformen etc.) in keiner Weise Berücksichtigung zu finden.

Aus meiner Sicht wurde der Benchmark daher nur verschlimmbessert :(

Robert

2 | Lars Wittenbrink

Januar 28th, 2014 at 15:19

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@Robert: Der Benchmark berücksichtigt ja nur die ökologischen Auswirkungen bis zur Faser. Was in der Nutzungs- und Nachnutzungsphase passiert und wie lange eine Faser hält und schön genug bleibt, sodass das Textil auch weiter getragen wird, bleibt explizit ausser acht. Darauf weisen sowohl made-by als auch ich auch hin.
Und ja, wir brauchen dringend mehr solche Studien!

Wie geschrieben gibt es im September ein Update des gesamten Benchmarks. Jetzt wurden nur Fasern ergänzt, die zuvor fehlten. Die Datenbasis aller anderen Fasern ist noch die alte. Vielleicht tut sich dann im September was beim nicht-zertifizierten Hanf.

Spannend finde ich auch, dass uns die Studie zu Cotton, Hemp und Polyester in verschiedenen Anbaugebieten zeigt, wie sehr eben auch die Gebiete/das Klima und die Bodenqualität über die Bilanz entscheiden.

3 | Hanna

Februar 23rd, 2014 at 22:34

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Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Der oben verlinkte biobasierte Polyester ist übrigens nicht der erste biobasierte Polyester. Es gibt bereits die so genannte Sorona Faser von Dupont auf dem Markt. Leider wird diese erst von sehr wenigen Bekleidungsherstellern eingesetzt. Ich habe diese bisher nur bei Bruno Banani (https://www.knittingindustry.com/bruno-banani-underwear-goes-green-with-biophyl/) und einem kleineren Modelabel (https://www.robecode.com) gefunden. Schade, dass nach der Textilkennzeichnungsverordnung auf dem Etikett nicht zwischen biobasiertem und erdölbasiertem Polyester unterschieden wird.

4 | Lars Wittenbrink

April 3rd, 2014 at 08:44

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Hanna: Danke für die spannenden Links und Hinweise! Sorona kannte ich, die Anwendebeispiele jedoch nicht.

Sorona ist meines Wissens nur anteilig bio-basiert. Bei allen bio-basierten Kunstfasern kommt es natürlich immer auch sehr auf die Faserquelle an. Handelt es sich nicht um Pflanzenreste, sondern um konventionelle Nutzpflanzen, ergibt sich in der Regel auch kein Ökobilanzvorteil im Vergleich zu petrochemischen Kunstfasern.