06 Sep, 2009
Mit neuer Masche
Mit doppelter neuer Masche überraschte die Munich Fabric Start, neben TexWorld und Première Vision in Paris, die größte Stoffmesse der Welt. Neue Masche, die erste: Geballt waren eine Menge ökologisch einwandfrei produzierter Stoffe zu sehen, die nicht mehr „brettig“ waren, sondern auch fein und feminin. Neben Biobaumwolle gab es auch Organic Wool, Organic Silk, Organic Linen und Organic Hemp und zwar durchaus mit expressionistischen Mustern, was manches Designerinnen-Herz höher schlagen ließ. „Imposant“ war das einhellige Urteil der Besucher.
Brandnew: Die messe-messerscharfe Broschüre – organicselection_web
Wer von den Stoffherstellern einen gläsernen Showroom gebucht hatte, zeigte an Musterteilen auch gleich, was sich daraus machen ließ. Stark im Kommen ist definitiv alles, was vorne ein „Re“ hat, also Recycling Cotton (ReCot) oder Recycling PET (Kunstfasern). Und nein, es fällt nicht gleich auseinander. Oft wird gemischt – Recycling Baumwolle mit Baumwolle (leider aus konventionellem Anbau) oder Hanf mit Recycling PET, was zu durchaus ansehnlichen Mänteln werden kann, wie ich sehen konnte. Was mir ungemein gefallen hat, war, wie eng die Designer auf Tuchfühlung gingen mit den Stoffen. Ausdauernd wurde alles befühlt und befingert, gerne mit geschlossenen Augen.
Neue Masche, die zweite: Statt wie die Jahre zuvor durch die Hallen irren zu müssen und zu fragen: „Haben sie das auch in Bio?“ gab es für die Besucher ein Lotsensystem. Am Stand der „Organic Selection“ gab es alle Stoffmuster zu sehen, die die strenge Prüfung im Vorwege überstanden hatten – ausgezeichnet mit bis zu vier „Organic Icons“. Diese Symbole zeigten an, welchen Grad Ökologie und Ethik die Stoffe boten. „Ich habe Stunden gespart“, erklärte Felicia Moss von „Slowmo“ aus Berlin freudestrahlend. Auch Susanne Schwenger, Chefdesignerin von Marc 0´Polo aus München sah das so und stapelte fleißig Stoffmuster für ihre Öko-Kollektion auf. Eco-Davids und Goliaths rangeln natürlich inzwischen um Nachschub.
Alle Stoffmuster verzeichneten auch, wo die jeweiligen Hersteller in den anderen Hallen zu finden waren – ohne dass man alle zusammengepfercht hatte und sie so ins grüne Ghetto geschoben. Einige Hersteller hatten eben auch erst eine schmale, staksige Öko-Linie – was hätten sie in einer „Green Area“ gesollt? Mitmachen konnten sie besser so.
Organic fand einfach wie selbstverständlich mittendrin statt – das ist eine wesentliche Neuerung, die als Modell auch für andere Messen taugt. Es gab einfach keinen Bruch mehr, sondern die Innovation Öko sickert einfach in die Branche ein und wird koalitionsfähig. Allerdings auch satisfaktionsfähig. Öko kann keinen Sympathiebonus mehr erwarten, die Ware muss auch handwerklich einwandfrei und einfach gut sein. Das gilt für Stoffe, aber auch für die Mode allgemein.
Ökologie über Design stellen – das macht einfach keiner mehr und das ist gut so.
Ach ja, es gab auch Knöpfe zu sehen, etwa von Aura Knopfdesign und Etiketten von HC Etiketter- für alle, die bis zur letzten Zutat korrekt sein wollen.
P.S. Ich werde die Munich Fabric Start um ein PDF der Broschüre „Organic Selection“ bitten, die wir gemacht haben. Dort sind alle Herstellernamen verzeichnet.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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