16 Aug, 2009
Medien-Widerhall
Kaum hat die Öko-Wäschefirma Pants to Poverty die erste politische Kampagne gestartet, hat sie es schon auf Spiegel Online geschafft. Genau genommen, handelt es sich bei „Schmutzige Tricks mit schmutzigen Slips“ um einen ellenlangen Verriss. Natürlich inspiriert mich das zu der Frage, warum erfolgreiches (!) politisches Engagement einer Textilfirma so schief angesehen wird. Sind die Briten mit ihren guten Slips und ihrer nicht alltäglichen und obendrein witzigen Kampagne nicht viel mehr DAS MODELL für die Ökomode-Branche generell? Demonstrativ zeigen, wofür man steht, halte ich für ein Muss.
Gerade jetzt, wo einer Fairtrade-Modefirma von Spiegel Online vorgeworfen wird, der Slipprotest hätte nur den Zweck gehabt, mehr Unterhosen zu verkaufen, sollten Kuyichi, Armedangels, Slowmo, Thokk Thokk und Co. ins selbe Horn stoßen. Campaigning 2.0 ist gefragt.
Und zu Spiegel Online: Der einzige Kritikpunkt, den ich gelten lasse, ist die ungeschickte Presseerklärung von Pants to Poverty, die nur den eigenen Erfolg feiert und nicht erwähnt, wie wichtig der politische Druck von NGOs wie dem Pestizid-Aktions-Netzwerk war, um den Chemiegiganten Bayer niederzuringen und den Bann des hochgifitigen Insektizids Endosulfan zu erreichen. Richtig ist: Die Firma hat die Kampagne gemeinsam mit NGOs geplant und abgestimmt. Es war kein Alleingang, für den sie hier unverdient Erfolg einheimsen. Er diente der guten Sache und war medial geschickt eingefädelt. Glückwunsch. Und „zweckentfremdet“ – wie Spiegel Online moniert – waren die Textilien auch nicht. Hetze mit Höschen? Ja, bitte. It´s really funny.
Lasst es Hosen regnen. Auch Mode kann eine politische Botschaft haben. Jacken, Hosen, Slips.
Liebe Firmen: Kuyichi, Armedangels, Slowmo und Co. ihr habt nicht nur das Auge überzeugt, ihr überzeugt auch das Gewissen. Ihr erscheint in jeder Hinsicht in bestem Licht.
Zeigt das. Und zeigt auch mit dem Finger auf die anderen. Was hält euch ab? Ihr habt Stärken, benennt die Schwächen der konventionellen Modebranche. Traut euren Produkten.
Und ihr? Ihr seid die Kunden dieser anziehend anderen Firmen. Würdet ihr euch nicht bei Facebook vernetzen, Online-Petitionen unterschreiben und an kleinen Demos teilnehmen? Würdet ihr nicht das Echo sein, was die Firmen ermutigte?
Ach ja, der britische „Guardian“ schlägt sich demonstrativ auf die Seite der politisch aktiven Firma. Und die Firma stellte sich eine Woche lang der Fragen der Leser. Warum die Höschen-Rebellen doch Helden sind, lest ihr unter: „You ask, they answer“. Respekt – für die Zeitung und die Firma.
P.S.: Lieber Kollege von Spiegel Online – dich ritt die Lust an der steilen These, ich weiß. Mich treibt um, wie Mode – und die Wirtschaft allgemein – nicht nur aus der Flaute, sondern aus der Legitimationskrise kommt. Glaubwürdige Produkte plus sozialer und politischer Mut – das ist doch Musik drin, oder?
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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