13 Jul, 2009
Ehrliche Etiketten
Meine scharfsinnige Freundin Alexandra sagt, diese „ehrlichen Etiketten“ seien offenbar ein Lieblingsthema von mir – sprich, ein Spleen. Stimmt. Ich wünsche mir eine klare Kennzeichnung von Produkten. Und müsste auf konventioneller Kleidung stehen, was wirklich drin steckt, würden die Kunden scharenweise zur grünen Mode überlaufen und der Markt explosionsartig wachsen. Neulich habe mir deshalb solche ehrlichen Etiketten selbst gebastelt. Neben den bekannten Pflegesymbolen zeigen sie auch die weithin unbekannte Wahrheit: nämlich mit wie viel Gift und wie wenig Gerechtigkeit Kleidung hergestellt wird.
Großzügig habe ich dazu die Gefahrensymbole der EU benutzt plus das Zeichen für zu niedrige Löhne, das die Kampagne für Saubere Kleidung erfunden hat.
Ich zeige diese „ehrlichen Etiketten“ bei Vorträgen wie morgen Abend in der Hamburger Verbraucherzentrale, um zu erklären, was in der Textilindustrie noch immer an der Tagesordnung ist und wieviel besser die „anständig“ produzierte Mode. In Hamburg kommt „anständig“ gut an, natürlich mit scharfem S gesprochen wie über den spitzen Stein gestolpert. Denn so möchten wir Hanseaten sein.
Ich bin schon missverstanden worden. „Drucken Sie doch auch noch das Zeichen für Radioaktivität drauf“, rief mir ein empörter Lobbyist der Textilindustrie auf einer Tagung zu, als hätte ich wirklich vor, solche Etiketten in Kleidung einzudrucken und er müsse das sofort lächerlich machen.
Im Ernst, ich will keine Totenköpfe auf Kleidung. Dieses Etikett steht nur für mein Ringen um Transparenz. Ich will wissen, was in Kleidung steckt und nicht im Dunkeln gelassen werden. Das ist ein modernes Bürgerrecht, finde ich. Die Industrie möchte gläserne Kunden? Ich möchte gläserne Produkte.
Diese Haltung zeichnet auch die neue Verbraucherkolumne, die ich ab jetzt in der Zeitschrift „STERN gesund leben“ schreibe und die STERN.de ab Mittwoch, den 22. Juli mit einem Blog von mir begleitet. Dort können auch Fragen gestellt werden und ich sorge für Antworten. Mein Modeblog läuft weiter, ich erweitere nur ein bisschen meinen Radius und greife auch andere Themen aus unserem Konsum-Alltag auf – wie gewohnt mit spitzer Feder.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
Veröffentlicht in: News