21 Nov, 2013
Aller guten Dinge sind Drei
Berlin kann zwar Metropolen wie London oder New York nicht den Titel als Modeweltstadt abwerben, aber vielleicht hat es ja Potenzial zur Hauptstadt für Grüne Mode zu werden? Während wir letzten Freitag auf dem Nachhaltigkeitskongress der Grünen „Green Passion Day“ unter anderem genau diese Frage erörtert haben, hat Berlin mal wieder bewiesen, dass es dazu definitiv in der Lage ist: Gleich drei neue Läden, die sich das Thema nachhaltige Mode auf die Fahne geschrieben haben, sind in den letzten Wochen an den Start gegangen.
Der Laden in der Auguststraße 82 führt ein buntgemischtes Sortiment an Upcycling-Mode, das sich nicht auf eine bestimmte Zielgruppe beschränkt. Die Idee dafür kam der Store Managerin Sarah Schwesig während ihrer Bachelorarbeit „Zweiter Atem“, einer Upcycling-Kollektion mit Altkleidern der Berliner Stadtmission. Bis zu einer Tonne Kleidung am Tag werden dort nämlich in Spitzenzeiten gesammelt, vieles davon ist weder für die Abgabe an Obdachlose noch für den Weiterverkauf in den „Komm & Sieh“-Läden geeignet. Der Besuch von Sarah und Jost Berchner (Bereichsleiter „Komm & Sieh“) beim Design-Stammtisch im Upcycling Fashion Store, bei dem sie genau diese Problematik ansprachen, hat einen Stein ins Rollen gebracht, der über viele Helfer und Ideengeber letztendlich zur Eröffnung des Ladens führte.
Zunächst folgte die Einführung eines Sortiersystems für die Kleidung, die die Stadtmission nicht nutzen kann. So wird Labels ermöglicht bestimmte Second-Hand Kleidung (beispielsweise nur Leder oder Grobstrick) in größeren Mengen aussortieren zu lassen und als Rohstoff für neue Kollektionen einzusetzen, von denen nun einige im Water to Wine erhältlich sind. Besonders Jungdesignern und kleinen Labels bietet der Laden Präsentationsfläche: Zu finden gibt es hier neben Kopfbedeckungen aus alten Krawatten, Armbänder aus abgenutzten Fußbällen von Handspiel genehmigt, Krägen von ROHstoff auch Taschen aus Druckerplane (EHO-Projekt) und lässige Jacken aus alten Trainingsanzügen (Wilfried Pletzinger). Das restliche Sortiment stellen bereits etablierte Upcycling-Labels wie aluc, Globe Hope und beliya.
Die Hamburger Kleiderei eröffnete Anfang November zum einjährigen Jubiläum eine Dependance in Berlin. Das erfolgreiche und vielfach ausgezeichnete Konzept der beiden Ladeninhaberinnen Pola Fendel und Thekla Wilkening wendet das Prinzip der Bücherei auf die Mode an und lässt sich am besten als ein riesiger begehbarer Kleiderschrank beschreiben. Für eine monatliche Gebühr von 14€ können vier Teile bis zu einem Monat lang ausgeliehen werden und im Anschluss, oder jederzeit vorher, gegen vier neue Favoriten ausgetauscht werden. Getreu dem Motto „Sharing is Caring“ möchte die Kleiderei „blindem Konsum, Langeweile im Kleiderschrank und Fehlkäufen“ vorbeugen. Tolles Konzept, jedoch Vorsicht mit den Öffnungszeiten: nur Montag bis Mittwoch, 15:00 bis 18:00 Uhr, hat der Laden in der Flughafenstraße 50 geöffnet.
Endlich mal was für Männer: Im ehemaligen Laden des Ateliers Awash hat nun das Atelier Akeef Einzug gehalten – Berlins erster „Ecological & Sustainable Lifestyle Store For Men’s Fashion“. Der von Alan Sommerville bereits vor fünf Jahren in Kreuzberg gegründete Laden hat durch den Einstieg von Michael Ashley in den letzten drei Jahren eine starke Sortimentsausrichtung zu nachhaltiger Mode entwickelt. Im Zuge der Neueröffnung in der Max-Beer-Straße in Mitte ist dieser Schwerpunkt weiter ausgebaut worden. Das Hauptsortiment, des im Heritage-Stil gehaltenen Ladens stellen altbekannte Labels wie TwoThirds, Knowledge Cotton Apparel und KOI. Zur Komplettierung des Outfits gibt es T-Shirts von Thinking Mu, Socken von Hirsch Natur, Schuhe von ekn, Veja und Faguo Footwear und schicke Portemonnaies von Elvis und Kresse aus alten Feuerwehrschläuchen. Besonders gespannt bin ich auf die geplante Sortimentsaufnahme der britischen Upcycling-Labels Maharishi und Christopher Raeburn. Drei der Label die es momentan bei Atelier Akeef zu kaufen gibt entsprechen nicht dem Grüne Mode Verständnis von nachhaltiger Kleidung. Die Sneaker von Faguo werden aus konventionellen Materialien gefertigt, pro verkauftem Paar pflanzt das Unternehmen einen Baum. Auch Johnston of Elgin und Parlez Clothing bemühen sich zwar um eine faire Produktion, arbeiten aber nicht mit ökologischen Materialien.
Jedes Kleidungsstück trägt ein Hangtag mit einer Kriteriensammlung, die dem Kunden eine schnelle Übersicht der Nachhaltigkeitsaspekte geben soll, die das jeweilige Kleidungsstück erfüllt. Super Idee, hat mir schon im „Wertvoll“ sehr zugesagt, allerdings ist in diesem Fall schwierig zu sagen, was beispielsweise die drei der insgesamt sechs Kriterien Sustainable, Ecological und Organic in der Definition genau unterscheidet.
Ansonsten trifft man hier auf schönes Interieur und eine tolle Auswahl an Kleidung. Mein Fazit: Unbedingt besuchen, wenn in Berlin.
Dieser Artikel erscheint zeitgleich als Cross-Post auf Marinas Blog Beyond Fashion.
Marina Chahboune ist Modedesignerin und Blog-Gründerin von Beyond Fashion. Sie arbeitet als Projekt Managerin Corporate Responsibility bei Hessnatur. Ihre Masterarbeit schrieb sie im Rahmen des Studienganges „Sustainability in Fashion" über Optimierungsmöglichkeiten in der Jeansproduktion. Hier finden Sie alle Artikel von Chahboune . |
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