27 Jun, 2009

Märchenstunde

Zu Namen von Modelabels ist viel zu sagen, sie müssen sich sprechen lassen und auch etwas über die Philosophie der Macher erzählen. Den „Wilden Schwänen“ ist das gelungen und das auf Dänisch. „VildeSvaner“ heißen sie und intonieren im Namen das Märchen von Hans Christian Andersen. Es erzählt von der Königstochter Elisa, die ihre Brüder durch das Überwerfen von Nesselhemden rettet. Jetzt ratet, woraus Anne und Antje Kleidsames machen?

Richtig. Aus Brennnesseln. „Wie Seide ist der Stoff, obendrein glänzt er“, schwärmt Anne. Im Märchen heißt es, dass die Nesseln die Hände der Königstochter „voll Blasen brennen“ werden und daraus Panzerhemden werden. Das war einmal. Anne und Antje nähen aus dem Stoff urban anmutende Kleider und Hemden. Sieht nach Metropole aus, stammt aber aus Weimar.

Wer einmal in der Dichter-Stadt war, weiß, dass es dort beschaulich zugeht. Die Stadt wirkt so zeitlos wie die Mode der beiden Youngster. Spleenig sieht anders aus.Das Schöne sind die Farben. Das Violett, das Petrol und das Grau zeigen viele Nuancen, was daran liegt, dass nicht maschinell, sondern in der Waschmaschine gefärbt wird. Da wird halt nicht alles ganz ebenmäßig. Weitere Highlights sind die Lederbänder an den Tüchern, die aus Resten sind; Secondhand-Elemente wie Bündchen aus alten Pullovern und im Winter Kleidung aus Alpaka-Wolle, die ein hiesiger Wanderscherer liefert und dann von Hand gewaschen und gesponnen wird.

Zu sehen ist die überraschende Kollektion in Berlin auf der Modemesse TheKey.to und auf ihrer Webseite. Zu haben ist sie erst in wenigen Läden, aber auch direkt zu bestellen. Hemden starten bei 140 Euro, ein Kleid kostet über 300 Euro. Die Preise sind den kleinen Stückzahlen und der vielen Handarbeit geschuldet.

Die Versprechung hinter der Mode der beiden 27-jährigen Frauen ist bezaubernd.

Jungs, werft euch ein Nesselhemd über, dann werdet ihr Prinzen. Mädchen, riskiert Blasen an den Händen, dann verwandelt ihr euch in Retterinnen.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: Label

3 Kommentare auf "Märchenstunde"

1 | Fr.Jona&son

Juni 27th, 2009 at 21:08

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ich habe die beiden vor einiger Zeit in Wien kennengelernt. Sind sehr nett und die Modelle angenehm modern, mit einem Schuß Märchen.
Fährst Du nach Berlin?

2 | Kirsten

Juni 27th, 2009 at 21:58

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@Frau Jona&son: Ja, drei Tage Berlin und danach 100 Jahre schlafen. Berlin ist aufregend, aber auch immer zu aufgeregt. Jede Modemesse macht auf Grün und ich bin gespannt auf echte Substanz. Start ist Mittwoch, Interview mit der exzentrischen Wollsocke Miguel Adrover, die für Hess Natur designt. Soll sprechen wie ein Maschinengewehr. Dann Premium, Bread&Butter, The Key, Green Showroom im Adlon, Party im Glore Pop-Up-Shop. Und ich reise mit Kameramann – gibt einen Film. Grosses Kino hoffe ich.

3 | Jürgen

Juni 29th, 2009 at 09:55

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Mussten wir nicht früher geküsst werden, um von Fröschen zu Prinzen zu werden? Heute müssen wir uns umziehen.