01 Okt, 2013
Von der Geduld
Das Etikett „Geduldsmensch“ kann ich mir nicht anheften. Aber auf den Ersatz für meine zerschlissene K.O.I.-Jeans der ersten Stunde habe ich drei Monate gewartet. Als die erste Kollektion auf der Bread&Butter 2011 gezeigt wurde, habe ich kurz danach eine der blauen Denims erworben – Tony Tonnaer, Chef von Kings of Indigo und früher Designer von Kuyichi, erschien mir quasi wie die Garantie von Öko-Design at its best.
Leider fiel die Hose sozusagen vor meinen Augen auseinander. Hosen sollten wie Elektrogeräte robust sein und nicht nach kurzer Zeit nicht mehr funktionieren. Da Langlebigkeit wahrlich ökologisch ist, gilt für mich als Mantra: „Solide ist das neue Cool“. Die Dido, schnell meine Lieblingshose, saß tadellos, war aber nach wenigen Fahrradtouren am Hintern völlig zerschlissen. Reparaturfähigkeit ist ja im Design einer Jeans von Natur aus vorgesehen – Nähte und Flicken adeln eine Denim ja eher. Praktische Vernunft trieb mich zur Schneiderin und die verstärkte die Hose für meinen Radfahrer-Hintern. Doch die Fasern der Hose waren offenbar so geschädigt, dass sich zuerst am Knie und dann auch an den Hosentaschen Löcher bildeten, durch die man locker zwei Finger stecken konnte. Ich habe mich wirklich lange mit meiner kümmernden Hose abgegeben, aber irgendwann riss mir der Geduldsfaden und ich beschloss, die Dido direkt an die Kings of Indigo zurück zu geben, insbesondere weil in mir Zweifel über die ökologische Qualität der Hose keimten – war die Vorbehandlung, die den natürlichen Abrieb imitieren sollten, einfach zu aggressiv gewesen?
Und so wurde ich zum Party Crasher. Im Juli 2013 marschierte ich auf die Bread&Butter – da rein zu kommen ist inzwischen schwieriger als eine Einladung auf einen Obama-Empfang im Weißen Haus zu bekommen – und erklärte am K.O.I.-Stand, ihre Triple-R philosophy: Recycle, Repair, Re-Use sei nun praktisch gefragt und ob es vielleicht sein könne, dass die Waschungen…. Um es kurz zu machen, es gab einen heftigen Streit. Zugegeben: Sicher bin ich bei den Kings auch nicht als Q.O.C. „Queen of courtesy“ aufgetreten, mag sein, dass ich ein wenig undiplomatisch war.
K.O.I. dagegen bot plötzlich ihre „Queen of communcation“ Leonie auf, die mir mit ihrer Offenheit allen Wind aus den Segeln nahm. Tatsächlich sei in der ersten Produktion etwas schiefgegangen, der Stoff der Hosen durch eine Harz-Behandlung stark angegriffen worden, was zu etlichen Reklamationen führte. Inzwischen sei die Qualität der Hosen deutlich besser. Ich habe die Hose da gelassen, zum Recyceln freigegeben, und dann wartete ich auf die Ersatz-Büx. In den folgenden Wochen habe ich regelmäßige Updates von Leonie aus Amsterdam bekommen. Textsorte: Geständnisse.
„Dear Kirsten, I just wanted to send you an email to let you know I did not forget about your Dido. But, unfortunately we are out of stock at the moment in your size. We can do two things: or you have to wait for a few more weeks, we will be restocked in the beginning of August (also the Dido will come in a better quality!). Or you can choose another jeans from our website, if you want a new yeans sooner“.
„Hi Kirsten, just an update from us regarding your jeans. I will have it back on stock on the 30th of August, and will ship it immediately to you when it arrives. Just so you know!“
„Hi Kirsten, sorry to keep you waiting, we are having some delivery issues. But, good news, Dido mid indigo is in the warehouse already, they are doing a quality check as we speak, so I can send you your jeans beginning fo next week!“
Die letzte Nachricht von Leonie stand auf einer Postkarte, die dem Paket mit der Jeans beigelegt war. Ihr seht sie oben im Bild. Ich habe Leonie geschrieben, dass ich mit der neuen K.O.I. sehr zufrieden bin. Zudem bin ich stolze Besitzerin eines Repair-Kits für meine Jeans, mit dem im kleinen Stil meine eigene „Denim Therapy“ möglich ist.
Und, liebes K.O.I-Team in Amsterdam, über eine Einladung zu einem eurer Jeans-Repair-Events, die es demnächst auch in Berlin geben soll, würde ich mich sehr freuen.
Die “ Kultur der Reparatur“ entdecken inzwischen viele Menschen. In Hamburg gibt es wie in vielen anderen Städten mehrere Repair-Cafés, wo man von – meist – alten Meistern lernen kann. Bevor ich mich allerdings in den „Attraktor“ traue, den Maker-Space in der City Nord von Hamburg, wo mit Holz, Metall und elektronischen Schaltungen gearbeitet wird, dauert es wohl noch ein bisschen. Die Mechanikerin in mir ist noch verschollen.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |