13 Aug, 2013

Innatex 33: mehr junge Brands und alternative Materialien

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DesginDiscovery: Milde Berlin

 

Im Januar war ich zum ersten Mal auf der Innatex und stellte fest, dass die Mutter der grünen Modemessen inzwischen auch für die neue Generation der grünen Mode zum Pflichttermin geworden ist. Das gilt insbesondere für die Labels dieser Generation, die hier auf die Händler der Pionierzeit treffen und letztere oft mit ihrem frischem Design begeistern können. Aber auch viele jüngere Händler kommen zur Innatex und nutzen die Chance viele Ordertermine auf der Messe zu bündeln.

Wie im Januar nutzte ich den Sonntag für meinen Messebesuch. Grund waren auch 2 Veranstaltungen im Rahmenprogramm. Gleich morgens um 10 lud Norbert Henzel zu einem umfassenden Faser-Vergleich. Zahlreiche Fotos lassen mich trotz Norberts sehr neutraler Darstellung verstärkt an der ethischen Vertretbarkeit diverser Wollfasern zweifeln, insbesondere dort wo nicht geschoren, sondern gezupft und ausgekämmt wird, sowie bei den Nutztieren, die nicht relativ frei draussen herumlaufen. Norbert zeigte zudem auf, dass bei Lenzings Tencel zwar der Prozess der Fasergewinnung wirklich große ökologische Vorteile gegenüber konventionellen Viskosen hat, jedoch die derzeit noch überwiegende Cellulosequelle Eukalyptus große Umweltbeeinträchtigungen mit sich bringt. Deutlich wurde auch, dass es nach wie vor an Studien fehlt, die einen umfassenden ökologischen Vergleich von Natur- und Kunstfasern erlauben. Das Interesse an diesen Themen war groß und die anschließende Diskussion engagiert. Ich hoffe wir können sie bald an anderer Stelle fortsetzen.

 

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Katlen Thiel: Strick aus echter Bio-Bambusfaser

Einem Hinweis aus der Diskussion verdanke ich auch, dass mir Katlen Thiel nicht entgangen ist. Die Designerin aus Hannover verarbeitet echte Bambusfasern (keine Viskose!) zu tollen Strickqualitäten. Pur erinnert der Bambus haptisch an Leinen, jedoch mit glatterer Oberfläche. Im Gemisch mit Merinowolle entsteht ein wunderbar weiches Gewebe, was sicher vorrangig auf den Merinoanteil zurückzuführen ist. Auf jeden Fall ein spannendes Material, pur besonders für luftigen Sommerstrick, den Katlen Thiel in großer Farb- und Formauswahl im Angebot hat.

Nach kurzer Mittagspause mit inzwischen etabliertem bio-veganen Messeangebot gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema nachhaltige Schuhe. Es diskutierten Dr Anne-Christin Bansleben vom Rababer-Leder-Label Deepmello, Franziska Kuntzke vom Bio-Kinderschuh-Label Pololo, Detmar-Johannes Wagener von John W. Shoes und Thomas Weidemann von Schuhsign und dem Ökoschuhe-Onlineshop. Einig waren sich die Hersteller-Vertreter_innen, dass nachhaltige Schuhproduktion wegen der vielen Komponenten eine besondere Herausforderung darstellt. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn die Schuhe zugleich auch noch vegan sein sollen, aber dennoch auf erdölbasierte Kunstleder verzichtet wird. Während Ethical Fashion Stores meist auch eine Auswahl an nachhaltigen Schuhen mitanbieten, tue sich der konventionelle Schuh-Einzelhandel bislang noch sehr schwer mit dem Thema. Zugleich gäbe es aber auch kaum auf nachhaltige Schuhe spezialisierte Fachgeschäfte.

 

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Bag to Life: Upcycling-Taschen und Accessoires aus Rettungswesten.

 

Wie auch schon in Berlin, kommt auch in Wallau dem Konzept Upcycling eine zunehmende Bedeutung zu. Das gilt insbesondere für den Accessoires-Bereich. Mit Bag to Life und Feuerwear waren gleich 2 Upcycling-Labels unter den Design-Discoveries. Während erstere vorrangig mit Flugzeugrettungswesten und Fallschirmen arbeiten, sind bei Feuerwear die Feuerwehrschläuchte das Ausgangsmaterial für eine stetig erweiterte Produktpalette.

Ebenfalls unter den DesignDiscoveries war das High-Fashion Label Milde aus Berlin (siehe Foto oben). Die Sommerkollektion 2014 heißt „Transparency“. Designerin Christiane Milde hat dabei viel mit edler Bio-Seide in erdigen Farben, aber auch klassischem schwarz und weiß gearbeitet, deren Durchsichtigkeit und Leichtigkeit mit festen Materialien wie Canvas und Leder kontrastiert wird. Transparent ist bei Milde auch die Produktion, komplett in Berlin und ausschließlich mit zertifizierten Materialien und Zutaten.

antonio-verde_sunglassesGleich 4 neue Label präsentierten Sascha und Alexandra Schröder von der Trade Agency, die unter anderem auch Komodo und L’herbe Rouge im deutschsprachigen Raum vertreten. Ramblers Way Farm machen hochwertige Basics aus Rambouillet Wolle, komplett hergestellt in den USA. Asquith ist ein britische Label für Yoga und Leisure Wear mit superweichem Materialien, teils durch den Einsatz von Lyocell, teils derzeit noch auch Bambus-Viskose. Good for All aus den Niederlanden produzieren ihre Ledertaschen und -Accessoires in kleinen Fair Trade Projekten und stellen die Produzenten persönlich vor. Gleich zugeschlagen habe ich bei Antonio Verde, der Sonnenbrillen mit Rahmen aus Recyclingkunststoff und Bügeln aus Bambus herstellt.

Wegen der 2 längeren Veranstaltungen habe ich große Teile der Messe diesmal leider nur im Vorbeilaufen gesehen. Darunter auch die weiteren Design-Discoveries und Neuzugänge wie das Kindermodelabel Green Astronaut und die starken Jacken aus Technowalk von LangerChen. Auch diverse Label-Macher_innen, die schon länger dabei sind, habe ich nicht treffen können. Da ich am Montag wieder im Laden stehen musste, ist mir zudem zum zweiten Mal die Messeparty am Sonntag Abend entgangen. Beim nächsten Mal!

Einen schönen Messeabschluss hatte ich dafür im Taxi-Shuttle zum ICE. Die nette Fahrerin fuhr bereits seit 8 Jahren für den Innatex-Shuttle und auch ihr ist die deutliche Veränderung von Messe und Publikum nicht entgangen. Anfangs stand sie am Flughafen-Bahnhof und erkannte die Innatex-Besucher schon von weitem. Heute hingegen seien die Messebesucher nicht mehr am Outfit zu erkennen und seien auch oft deutlich jünger als noch vor einigen Jahren. Und die Mode sei ja nun auch richtig schick geworden und würde so gar nicht mehr dem Ökovorurteil entsprechen. Eines aber sei geblieben: durchweg sehr nette Fahrgäste. Das hören wir doch gerne, oder?

     
 Lars Wittenbrink   Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs.

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Veröffentlicht in: News

2 Kommentare auf "Innatex 33: mehr junge Brands und alternative Materialien"

1 | Faire Schuhe. Blödes Thema. | Ein Jahr ohne Kleiderkauf

August 19th, 2013 at 19:34

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[…] endlich loswird – und ist dabei auch erfolgreich, die diese herzige Taxigeschichte (letzter Absatz) auch beweist. Warum ist es dann den Schuhmarken, die gut und fair produzieren, so wichtig, dass man […]

2 | Areast

August 23rd, 2013 at 17:18

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Die Taschen aus Rettungswesten sind ja mal eine geniale Idee. Ich finde es eh total schön wenn Materialien wieder verwendet werden. Ich selbst lasse mir Zuhause auch viel einfallen, wie man verschiedene Sachen noch mal verwenden kann. Bei dir auf dem Blog lese ich aber immer wieder gerne und ich lasse mich auch gern anstecken ;-).