09 Jul, 2013
FashionWeek Messerundgang Tag 1
Dienstag morgen, 10:00 Uhr. Vor der wohl hipsterigsten Messe der FashionWeek steht bereits eine kleine Schlange. Ich frage mich, ob es für Männer ohne Vollbart, Undercut und Musterprint-Hemd überhaupt Einlass gibt, komme dann aber doch problemlos rein.
Das grüne Angebot auf der Capsule Messe ist leider sehr überschaubar. Liegt das vielleicht auch daran, dass für die Zielgruppe, die mensch sonst gerne auch im Bioladen trifft, bei Mode eben doch Style und angesagte Indie-Brands weit mehr als Ethik zählen?
Wohl kaum ein grünes Label passt besser auf die Capsule als A Question of aus Kopenhagen/Dänemark. Die Kollektion ist geprägt von locker geschnittenen T-Shirts und Sweatern mit großen Schriftzügen, verwaschenen Fotoprints oder aufgesetzten Taschen mit kontrastierenden Mustern. Hinzu kommen für Sommer 2014 Blousons, Hemden und Blusen mit floralen Digitaldrucken. Vorgesehen war die Verwendung von recyceltem Polyester, scheiterte jedoch an hohen Abnahmeminimums, sodass diese Teile nun konventionell gefertigt werden.
Im Collect-Bereich der Capsule stellte sich das Berliner Upcycling Brand Schmidt Takahashi vor. Die neue Kollektion fokussiert auf Jeansstoffe in Blau- und Weißtönen. Über einen QR-Code am Kleidungsstück können auf der eigenen Website die „Eltern“ zu jedem Unikat aufgerufen werden, also all die Altkleidungsstücke, deren Stoffe für das neue Design verwendet wurden. Besonders lang ist die Liste beim abgebildeten Strukturstrick-Pullover, dessen Garn aus dem Jersey von diversen T-Shirts entstand.
Weiter ging es zur Premium in der Station Berlin (siehe Foto oben). Auch hier ist das grüne Angebot im Verhältnis zur Größe der Messe überschaubar, aber mit ein paar spannenden Neuzugängen. ECOALF produziert modische Wetterjacken und Badeshorts aus Recycling-PET. Leider konnte mir niemand am Stand sagen, woraus die Imprägnierung der Jacken besteht und ob diese frei von PFCs ist.
Ebenfalls neu vertreten waren UMASAN aus Berlin. Die komplett veganen und von schwarz und einer edeldüsteren Ästhetik geprägten Kollektionen basieren vorrangig auf Regeneratfasern, insbesondere Lyocell. Aber auch Viskosen, die wir als weniger grün einstufen, finden Verwendung.
Erstmalig präsentierte sich auch Wunderwerk auf der Premium. Tolle Stoffe in den Oberteilen, unter anderem mit Seide, Tencel und Modal Edelweiss sowie starke ökologische Waschungen im Jersey (Cold-Wash) und im Hosenbereich. Unter anderem wurde eine ECO-bleached Denim entwickelt, die ohne Chlor und Kalium-Permanganat auskommt und dabei unter 10 Liter Wasser pro Hose benötigt. Mit Jersey-Blazer, Blusen, leichter Jacke und Sommerstrick hat diese zweite Hauptkollektion bereits eine beachtliche Breite und sicher nicht nur grüne Modehändler, sondern auch konventionelle Einkäufer überzeugt.
Schon viele Jahre mit großem Erfolg auf der Premium vertreten sind die Armedangels, die mit großen Schritten ihre Kollektion ausbauen. Besonders begeistert bin ich, dass nun auch Tencel für Hosen, Kleider, Blusen und einen Jumpsuit! zum Einsatz kommt. Alles mit digitalem floralen Alloverprint und damit echte Hingucker. Auch Strick- und Webware sind wieder vermehrt dabei und erstmals auch leichter Denim für Hemden und Blusen. Sehr gefreut habe ich mich über jeweils 2 superschöne, klassische Übergangsjacken für Damen und Herren, die eine echte Leerstelle im grünen Bereich füllen.
L’Herbe Rouge ist ein Pionier in der Verwendung von Tencel-Stoffen und hat sie bereits seit mehreren Saisons im Einsatz. Für Sommer 2014 finden gleich 3 verschiedene Tencel-Qualitäten Verwendung, von edlem Denim (Hemden, Blusen) über die bekanntere, seidig fließende Jersey-Variante (Kleider, Tops) bis zu einem Leinenartigen kreuzgewebtem Stoff (Blusen, Röcke, Hosen). Für 2 sehr schöne oversizige Sommer-Tops sind auch superweiche Baumwoll-Leinen-Mischgewebe dabei. Die klar fokussierte Kollektion ist wohl die erste im konsequent grünen Bereich, bei der andere Fasern als Bio-Baumwolle überwiegen.
Gemeinsam mit Wunderwerk und Armedangels ermöglicht L’herbe Rouge damit endlich mehr Stoffvarianz in den Ethical Fashion Concept Stores. Hoffen wir mal, dass dann nächstes Jahr passend dazu auch der Sommer sein Angebot deutlich verbessert! Zumindest in Berlin wars aber endlich schön warm.
Mehr Berichte folgen…
Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs. Hier finden Sie alle Artikel von Lars Wittenbrink . |
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