24 Mrz, 2009
Nie mehr peinlich
Schon mal für eure Ökojeans belächelt worden? Als Müslimaus verspottet? Wir sind rehabilitiert, denn inzwischen weiß auch die Fernsehnation: Herkömmliche Jeansproduktion ist lebensgefährlich. Um Jeans den typischen gefragten Used-Look zu geben, wird sie mit Hochdruck-Sandstrahlern malträtiert und aufgehellt.Doch der Quarzsand dringt in die Lungen der Arbeiter und verursacht dort die tödliche Silikose – eine Krankheit, die früher nur Bergarbeiter ereilt hat und heute viele junge Kurden, die sich in Istanbul in der Jeansproduktion verdingt haben, ohne um die dramatischen Folgen des Sandes zu wissen. Doch unsere ökokorrekten Beinkleider werden auch auf alt getrimmt – nur in verträglicherer Form. Und damit liegen wir voll im Trend.
Beispiel eine Ökodenim aus Hanf. Acht Jahre hat Robert Hertel von HempAge gebraucht, bis er seinen Kunden eine Hanfjeans „stonewashed“ und mit „used look“ anbieten konnte, ohne sich zu schämen. Die fertige Jeans wird einem Bandschleifer, um den Schmirgelpapier gewickelt ist, aufgerauht. Das richtet den gewünschten Schaden an und beim Waschen der Jeans lösen sich dann die feinen Fusseln aus dem geschädigten Gewebe, so dass größere Flächen hell aussehen. Für die feineren Sitzfalten wird das Schmirgelpapier um einen entsprechend schmaleren und spitzeren Holzblock gewickelt, mit dem sich feinere Effekte erzielen lassen. Und die Steine, mit denen Hertel seine Büxen später waschen lässt, werden mehrfach wiederverwertet und nicht noch mit einer Extralast Chemie versehen in die Trommeln gefüllt.
Brauchen wir das wirklich? Offenbar lässt sich keine Jeans mehr verkaufen, die wirklich neu aussieht. Wichtiger ist nur noch die Passform. Eine Jeans, in der unsere Hintern nicht knackig aussehen, will keiner. Und ich obendrein keine, für deren „Alt-und löchrig-Look“ andere ihr Leben lassen müssen. Aber mit dieser Einstellung bin ich ja jetzt voll angesagt.
Wer es verpasst hat: Auslandsjournal vom Mittwoch, den 18. März („Lebensgefährliche Jeansproduktion“), zu sehen via ZDF Mediathek und Spiegel TV vom 22. März. Zum Nachlesen: Der Beitrag in Spiegel Online.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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