04 Mrz, 2009

Stillstand ist nicht

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„Zurück ins Labor“ und „mehr Experimente“ forderte Tony Tonnaer auf der Biofach in Nürnberg von der grünen Modebranche. Ethical Fashion hat den Chef von Kuyichi groß gemacht. Aber er war schon immer gut für eine Provokation. Und während viele kleine Label bei Biobaumwolle verharren, experimentiert Kuyichi mit Leinen und Lenpur, Soja, Hanf und Bambus – vieles davon allerdings doch gemischt mit Biobaumwolle.

Tonnaer ist wie sein Label selbstbewusst und wenig stromlinienförmig und so erinnert er ein bisschen an Peter Pan, den ewigen Jungen. Man kann sich kaum vorstellen, dass er Lust hätte, seinen schöpferischen Ehrgeiz an etwas anderes zu verschenken als an Jeans, Shirts und Schals. Und natürlich gibt es demnächst Turnschuhe und nicht etwa etwas, was einem strengeren Dresscode huldigen würde.

„WIr sind ein Zwerg“, sagt Tonnaer im Vergleich mit Jeansmarken wie Diesel, aber in der grünen Szene sind sie groß. Kuyichi produziert inzwischen 300.000 Kleidungsstücke jährlich und verkauft in elf Ländern und 600 Läden weltweit. Vielleicht ermuntert das die grüne Marke, sich etwas zu trauen. „Wir waren schon immer ein Vorbild“, erklärt Tonnaer. Als sie 2001 von der Stiftung Solidaridad  gegründet wurden und den Mentalitätswandel in der Mode zugunsten von mehr Fairness und Umweltschutz fördern sollten und auch jetzt acht Jahre später, wo sie zeigen sollen, was in Sachen Materialienmix noch möglich ist.

Und so gibt inzwischen sowohl Jeans aus Recycling-Denim, als auch Jeans aus Leinen- oder Soya. Selbst Jeans aus Lenpur, einem Material was aus rückgeschnittenen Ästen und Zweigen gemacht wird, werden getestet und nicht zuletzt Jeans mit einem Mix aus Hanf, Bambus und Biobaumwolle, von denen nur 1000 Stück pro Saison gefertigt werden. Auch ökologischere Waschungen werden in Italien erprobt. „Solche Tests sind notwendig“, erklärt Tonnaer und gehörten zu einem „kontinuierlichen Prozess des Saubererwerdens der ganzen Textilindustrie“.

Kuyichi sei selbst nicht „päpstlicher als der Papst“ erklärt der Chef und sicher auch in fünf Jahren noch nicht 100 Prozent clean und fair, aber sie seien auf dem Weg. Andere Label sehen Kuyichi deshalb kritisch. Womöglich spielen sie aber die Rolle des älteren Geschwisterkindes, dass vieles ausprobiert und den Jüngeren damit den Weg frei macht. Und eigentlich bräuchte es deshalb noch mehr Kuyichis, die die Evolution der Branche vorantreiben und dabei auch anecken.

2010 wird Kuyichi den ersten eigenen Shop in Amsterdam eröffnen. Und so dann doch ein Stück erwachsener werden. Aber vermutlich gibt es eine Karaoke-Party, schrille Videos und Mädchen, deren Hintern in einer Kuyichi-Jeans und auch so sonst einfach großartig aussehen. „I love beautiful things in life“, sagt Tony in Nürnberg und fliegt wieder davon.

P.S. Wer auch was gründen will und noch eine kleine Finanzspritze braucht, here we are:

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 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: Label

2 Kommentare auf "Stillstand ist nicht"

1 | Fr.Jona&son

März 4th, 2009 at 14:25

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Der 3. Versuch ein Kommentar abzugeben:
Ich glaube, daß Baumwolle so dominant in der Mode ist, liegt auch and er Ausbildung des Modenachwuchses: In Modeschulen, etc wird eher auf Formensprache und Schnitt wert gelegt als auf den Stoff. Der Stoff sollte sich dem Konzept unterordnen.
Glücklich sind die, die sich vom Stoff zum Modell inspirieren lassen, da eröffnen sich oft neue Dimensionen.
Kuyichi´s Ambitionen sich weg von der Baumwolle hin zu Leinen und Co. zu bewegen, ist lobenswert. Da wir ein Volk der NachahmerInnen sind, trauen sich dann auch andere Labels zu, so wie das Streetwearlabel aus dem großen Angebot an Biofasern zu wählen!

2 | Mary

Juli 15th, 2009 at 16:56

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@Fr.Jona: An welcher Schule bist du?
Also wenn das eine fundierte Meinung ist würd ich’s schade finden.
Ich jedenfalls studiere an der JAK in Hamburg (eine sehr schöne, wenn nicht sogar die beste Stadt, wie im Blog nachzulesen :) ) und wir haben in jedem Semester Globalisierung, kbA (nicht nur Baumwolle) und die verschiedenen Rohstoffe, Gewebe und Verarbeitungstechnik thematisiert; sowohl in der Vorlesung als auch privat.
Ich muß dazu sagen, daß ich auch Modemanagement studiere aber ich weiß, daß unsere Designer die gleichen Themen haben.
Es tut sich also auch was beim Nachwuchs, sowohl in der Ausbildung als auch beim Bewußtsein der Studenten selber.
Anders würd’s auch (aus meiner schnöden ökonomischen Sichtweise) gar keinen Sinn machen, denn Zukunft der Textil- wenn nicht sogar aller Industrien liegt in der ökologisch, sozial und ökonomisch sinnvollen Produktion.
Also nicht zu schwarz sehen. Da tut sich was. (Meint auch der Tony) 😉

in dem Sinne
Rock on – Stay green