04 Feb, 2013
Schwarzfärberei
Diese Woche feiert sich die Sport- und Outdoorbranche auf der ISPO in München. Passend zum Auftakt klärt uns Greenpeace darüber auf, dass namhafte Hersteller Ergebnisse von Schadstoff-Tests schwärzen ließen. Das Umweltbundesamt (UBA) hatte 16 wetterfeste Jacken auf ihren Schadstoffgehalt prüfen lassen, aber die Ergebnisse nicht veröffentlicht. Greenpeace forderte mit Hilfe des Umweltinformationsgesetzes erfolgreiche die Herausgabe des Tests, doch die Outdoor-Marken Schöffel, The North Face, Vaude sowie die Firma HKM Textil erklärten die hohen Werte von gesundheitschädlichen PFCs kurzerhand zum Betriebsgeheimnis, um eine Offenlegung zu verhindern. Grünfärberei kannten wir schon, Schwarzfärberei ist eine neue Variante. Mangelnde Transparenz schürt immer mein Misstrauen als Kundin. Warum machen durchaus fortschrittliche Firmen wie Vaude das, zumal gerade für den CSR-Preis der Bundesregierung nominiert?
Mehr noch: Eigentlich sind die Befunde bekannt. Bereits im Oktober 2012 hatte Greenpeace einen Report veröffentlicht, der die Gefahr von PFC-haltigen Membranen und Imprägnierungen belegt. Damals fand Greenpeace in allen 14 Jacken die zum Teil krebs erregenden und hormonell wirksamen PFCs, das UBA bestätigt die Daten und weist PFOA in allen 16 Samples nach. Die flüchtigen Vorläufersubstanzen (FTOH), auf die die Industrie ausweicht, finden sich darüber hinaus in 15 von 16 Jacken. Wozu also die Maskerade? Offenbar fürchtet die Branche um ihr sauberes Image und was sie jetzt auch wieder auf der ISPO zur Schau stellt. Richtig ist, dass viele Outdoorfirmen in die Fair Wear Foundation (FWF) eingetreten sind und damit in puncto Ethik vorbildlich sind. Auch die FWF sieht Transparenz vor – so schwer kann es also nicht sein.
Was den Ausstieg aus gefährlichen Risiko-Chemikalien angeht, hinkt die Outdoor-Branche hinterher. H&M hat bereits bis Ende 2012 auf den Einsatz aller PFCs verzichtet (Regenkleidung!), die anderen 14 Unternehmen, die Greenpeace auf Detox verpflichtet hat, steigen bis spätestens Juli 2016 aus den PFCs aus. Das haben sogar Firmen wie die britische Kaufhauskette Marks&Spencer geschafft, die bislang offenbar alle Timmies und Tommies ab drei Jahren in ganz England mit schmutzabweisenden Schuluniformen versorgen und als „heavy user“ von PFCs gelten. Man kann Ketchup-Flecken übrigens auch in der Waschmaschine rausbekommen, liebe Briten, aber gut.
Anyway, Greenpeace fordert auch von den Outdoor-Marken einen PFC-Verzicht. Als jemand, der die Firmen im vergangenen Jahr beobachtet hat und (Disclaimer) für den Greenpeace-Report mit verantwortlich war, vermute ich einfach Wagenburg-Mentalität der Branche. „United we stand, divided we fall“ scheint das Motto zu sein, was verhindert, dass einzelne Outdoor-Firmen tapfer nach vorne marschieren, plus ein Dachverband, der die Firmen am Gängelband führt. Pech für die Branche, wie ich finde. Wagt sich die erste Outdoorfirma nach vorne, werden die anderen folgen. Neues Motto wäre dann: „Was die können, können wir auch“.
AKTUELL: Gerade reingekommen. Ecotextile News meldet, dass Jack Wolfskin einen Bann für alle PFCs fordert und subito aussteigen will. Gucken wir mal, welche Schlupflöcher sich das Unternehmen lässt oder ob es der Eisbrecher ist, den es dringend braucht.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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