22 Jan, 2013

Fashion Week Messerundgang Teil 1

Foto: KnowledgeCotton Apparel

Angereist bin ich bereits am Montag und habe mir den Fair Queen Store in Berlin Mitte angeschaut. Während sich die Sortimente der Ethical Fashion Concept Stores sonst doch sehr stark überschneiden, ist hier eine gelungene Zusammenstellung mit Fokus auf Business- und Abendgaderobe zu finden. Klare Empfehlung! Werde bei Zeiten über weitere Besonderheiten berichten.

Nun aber zum Messemarathon. Gestartet bin ich am Dienstag auf der Capsule und schon nach wenigen Metern habe ich etwas wirklich spannendes entdeckt. RE;CODE – ein Subbrand von KOLON, einem der größten Textilhersteller Südkoreas – ist das erste mir bekannte Upcycling-Brand aus Südkorea! Als Ausgangsmaterial dient der „Dead Stock“ (Lagerware aus weiter zurückliegenden Saisons) des Mutterkonzerns. Kleidung im Wert von 3,4 Millionen Dollar pro Jahr. Die Artikel werden zunächst in „Goodwill Stores“ (scheinen in etwa unseren Helfenden Werkstätten zu entsprechen) dekonstruiert, also auseinandergenommen. Dann werden sie von Designern in Ateliers neu kombiniert. Zum Teil kommen auch alte Armeestoffe zum Einsatz. Natürlich fehlt hier der Charme des kleinen Vorreiters. Und es muss hinterfragt werden, ob der „Dead Stock“ nicht doch noch tragbar wäre und ein weniger vergängliches Design nicht bereits das entstehen solcher Toter Ware deutlich einschränken könnte. Aber es ist eben auch alles andere als gewöhnlich, dass ein Großkonzern mit Upcycling-Konzepten arbeitet und umso spannender, wenn das Ganze aus Südkorea kommt.

Ansonsten war die Capsule leider zurecht nicht in den Green Guides aufgeführt. Die einzige teilgrüne Marke OLOW hat die Verwendung von Bio-Baumwollstoffen erstmal eingestellt. Stark gestiegene Bio-Stoffpreise bei der Produktion in Portugal nannten sie als Grund. Schade, denn die Kollektion ist schön.

Weiter zur Ethical Fashion Show. Die Anzahl der Aussteller hat sich deutlich erhöht. Gleich am Eingang stand auch diesmal Studio JUX. Mir gefallen besonders die Winterjacken und Jacken waren auch bisher wirklich immer Mangelware im grünen Bereich. Schon seit der ersten key.to bin ich von Elementum fasziniert. In Alpaca-Merino-Strick sind die wandelbaren Oberteile mit den simplen Zero-Waste-Schnitten zeitlos großartig. Sehr gefreut habe ich mich, dass Bibico nun einen Teil der komplett fairen Kollektion aus Bio-Baumwolle fertigt.

Weniger erfreulich ist die Entwicklung beim Thema Wolle. Hier sind einige Anbieter von kbt-Wolle auf konventionelle Wolle zurückgeschwenkt. Was Wolle erfüllen muss, um als ökologisch und ethisch vertretbare Faser zu gelten, wurde auf der Ethical Fashion Show von Korrekte Klamotten Händlern mit mehreren Ausstellern ausführlich diskutiert.

Aus Anlass der kommenden Winterspiele in Sotschi 2014 hat sich Room to Roam für seine Kollektion vom Kaukasus inspirieren lassen. Traditionelle Muster und Farben treffen auf klare moderne Schnitte. Der Wollstrick ist hier komplett kbt und als besonderes Highlight in einem sehr edlen dicken Cardigan partienweise mit einem goldenen Glitzerfaden verarbeitet (ja, der Glitzerfaden ist nicht öko…).

Wiederholt begeistert bin ich von den Schuhen von John W.. Die Auswahl hat sich nochmal erheblich erweitert und ich bin ziemlich sicher, dass hier im kommenden Winter fast jede Frau einen passenden Schuh für sich findet.

Weitere Highlights der Ethical Fashion Show folgen in Teil 2, denn ich war am Mittwoch nochmal da. Am Dienstag gings erstmal noch zur Bread&Butter, die ich zusammen mit meiner Gruene Wiese Partnerin Simone besucht habe.

Gestartet sind wir bei kuyichi. Die Pioniere sind zurück, mit klarem Fokus auf Jeans, aber auch einigen Oberteilen. Für uns das Wichtigste: 2013 wird der Fair Wear Foundation beigetreten und eine von dort kommende neue Nachhaltigkeitsmanagerin nimmt diese und alle anderen grünen Fragen in die Hand. Ein toller Erfolg für die Korrekten Klamotten Händler, die über ein Jahr mit kuyichi im Dialog standen und sich für bessere unabhängige soziale Kontrollen eingesetzt haben.

Weiter gings zu KnowledgeCotton. Die Dänen präsentierten Klassiker in starken neuen Farben, aber auch tolle neue Stoffe und Schnitte. Zurecht haben die Hemden, Strickpullis und Henleys mit stets dezentem Eulen-Logo bereits auch viele konventionelle Herrenausstatter erorbert. Zudem hilft KnowledgeCotton mit, dass grüne Konsumenten im nächsten Winter endlich eine größere Auswahl warmer und regenabweisender Jacken geboten bekommen.

Mit KOI (Kings of Indigo) ist noch ein weiteres Brand mit Tier-Logo auf bestem Wege. Gleich im ersten Jahr konnten sich die Jeans von KOI mit perfekten Passformen und liebevollen japanisch-amerikanischen Details ebenfalls erfolgreich in konventionellen Läden bewähren. Gründer Tony Tonnaer setzt stark auf recycelte Fasern und baut dies nun auch auf ein paar kuschelig-volumige Wollstrick-Oberteile aus.

Nur einen Stand weiter leuchtete uns eine künstliche blau-grüne Welle aus recycelten PET-Flaschen entgegen. Richtig, TWOTHIRDS. Noch so ein grüner Senkrechtstarter. Ihnen allen ist gemein, dass sie mehr aus der Design- und Modeecke kommen und die Nachhaltigkeit weniger in den Vordergrund stellen, sondern einfach praktizieren. So auch hier. Neu sind stylishe Digitalprint- und Dip-Dye-Shirts. Und auch TWOTHIRDS hat starke Winterjacken im Angebot, die sicher nicht nur grüne Hipster glücklich machen werden.

Die Bread&Butter ist ja vor allem die Messe der großen Marken und dicken Auftritte. Auch wenn sich die grünen Brands auf der Bread&Butter im Vergleich zu einigen Big Playern eher in Understatement üben, haben sich gleich mehrere in diesem Umfeld hervorragend etabliert. Allen voran nudie Jeans. Mehr Denim-Authenzität geht einfach nicht und das wird von einer rapide wachsenden Fan-Gemeinde honoriert, die oftmals gar nicht weiss, welche Leistungen nudie auch im sozialen und ökologischen Bereich vollbringt. Kein Wunder, dass bei nudie schon am ersten Abend der Biervorrat erschöpft war. Bei allem Erfolg hat man sich eine Bodenständigkeit und Lockerheit bewart, wie sie nur ganz selten bei größeren Brands zu finden ist.

Am Abend hatten wir dann noch ein Treffen der Korrekte Klamotten Händler bei sehr leckerem veganen Essen im Viasko. Auch in dieser Runde hatten alle den Eindruck, dass sich die uns bekannten Marken toll entwickelt haben. Und das war ja erst Tag 1.

     
 Lars Wittenbrink   Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs.

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Veröffentlicht in: News

3 Kommentare auf "Fashion Week Messerundgang Teil 1"

1 | Bernd W.

Januar 23rd, 2013 at 00:24

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Applaus an kuyichi wegen des fwf-Beitritts! Nach dem Stiftung-Warentest-Desaster dachte ich schon, es sei um die Marke geschehen. Das wäre sehr schade gewesen.

2 | Alf-Tobias Zahn

Januar 23rd, 2013 at 11:21

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TWOTHIRDS und KOI sind beides klasse Marken, tolle Labels und produzieren erstklassige Bekleidung vor allem für Männer – leider immer noch eine Rarität! Weiter so bitte.

@Lars: Danke für deinen Rundgang, äußerst informativ!

3 | FAIR QUEEN

Januar 24th, 2013 at 00:49

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Ein Dankeschön vom FAIR QUEEN Team. Wir haben uns über den Besuch sehr gefreut :-)