06 Jan, 2009

Das ist es nicht!

Ihr wisst, was sie uns prophezeien für das krisengeschüttelte Jahr 2009? Das wir unsere ganze schöne Lässigkeit verlieren, irgendwie alles knödeliger finden und eine verbissene Miene zur Schau tragen?

Genauso ist es. Erstes Opfer: der Otto-Konzern. Ihr wisst schon: der Hamburger Versandhändler Otto, Hort der Rechtschaffenheit, Pionier in Sachen Umwelt und Ethik. Drei Verdienstkreuze hat der Staat dem Unternehmer und Philantropen Michael Otto schon verliehen. Aber jetzt ist der Lack ab.

Den neuen Katalog – Motto „Das ist es!“ ziert Cosma Shiva Hagen, Tocher von Sängerin Nina Hagen und grün angehaucht. Sie ist bereits Patin des Baumwoll-Projektes von Fairtrade – und damit des Einstiegs des fairen Handels in den Modebereich. Und weil sie ähnlich Gutes wohl von Otto erwartet, hat die Schauspielerin ihr Gesicht an den Konzern verkauft. Etwas voreilig.

Nicht nur, dass der einfallslose Otto-Werbebereich Cosma Shiva Hagen genauso zitiert wie Cover-Heldin Tatjana Patitz  vor zwei Jahren („Otto ist klasse, weil sie Mode und soziale Verantwortung unter einen Hut bringen…..“ – „Bei Otto sind Mode und soziale Verantwortung vereinbar“), der Konzern streckt sich in Sachen Ökologie und Ethik längst nicht mehr nach der Decke, sondern huldigt dem Prinzip „Schrumpfen“.

Statt das ambitionierte Biobaumwollprogramm „Purewear“ zu fördern, schrumpft Otto dieses Programm zugunsten des Entwicklungshilfeprojektes „Cotton made in Africa“, für das Baumwolle weder fair gehandelt noch biologisch angebaut wird.

Ob Cosma Shiva Hagen klar war, dass Otto laut eigener Präsentation von „Cotton made in Africa“ Bio und Fair Trade für anspruchsvoll und zu teuer hält und nur für ein „begrenztes Marktsegment“ interessant? Vermutlich nimmt Otto sowohl bei seinem Coverstar als auch bei den Kunden billigend in Kauf, dass sie glauben, es handele sich um einen Top- und nicht um einen Mindeststandard? Denn die Baumwolle wird zu den üblichen Weltmarktpreisen abgenommen und nur mit weniger Pestiziden malträtiert, statt auf gänzlich giftfreien Äckern zu wurzeln.

Natürlich ist das Projekt gut gemeint, aber es wirbt lautstark für etwas, was aus meiner Sicht ein Rückschritt und kein Fortschritt des Konzerns ist, der einstmals ein Pionier und Schwergewicht in Sachen grüner Mode war. Das finde ich bedauerlich.

Mehr noch: Otto versucht, andere Textilhändler wie Tchibo oder Tom Tailor ins Boot zu holen, um die afrikanische Baumwolle auch wirklich loszuwerden. Wohltuend anders verhält sich der einstmals als hausbacken geschmähte Textilriese C&A, wo strikt auf Biobaumwolle gesetzt wird. Halbe Sachen will man nicht machen.

Ich würde mir wünschen, dass Cosma Shiva Hagen im Interview mit Otto nicht von „Ökokleidung“ geredet hätte. Das ist diese Mode nicht. Ich würde mir wünschen, Otto würde sich auf das klare Bekenntnis zu Biobaumwolle besinnen und die unglaublichen Kräfte, die sich mobilisiert haben, nutzen, um wahrlich Avantgarde zu sein und so „modern“ wie man gern möchte.

Solange werde ich den Leserinnen und Lesern dieses Blogs raten, lieber Kleidung aus echter Biobaumwolle zu kaufen. „Cotton made in Africa“ ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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8 Kommentare auf "Das ist es nicht!"

1 | Klara

Januar 6th, 2009 at 22:36

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Hallo Kirsten,

vielen Dank für den Artikel. Da sieht man mal wieder das man trotz der Infos die man sich zum Thema holt, doch noch viel Neues erfährt.

Dass Frau Hagen sich und ihr bisheriges Engagement in der Sache mit der Koop mit Otto selbst das Wasser abgräbt und ihre Glaubwürdigkeit (zumindest bei Beobachtern der „Szene“) einbüßt sei dahingestellt.

Dass eine wesentlich breitere Bevölkerungsschicht so für das Thema Fair Trade und Öko-Mode sensibilisiert und damit konfrontiert wird (zumindest mal davon gehört hat) finde ich persönlich schon wieder sehr gut. Bedenkt man dann noch all die Implikationen die daraus in 5, 10, 15 Jahren entstehen könnten, wage ich doch zu hoffen, dass Otto hier für ein sehr großes Publikum den Stein ins Rollen bringt (oder zumindest einen Kiesel in die Menge wirft).

Du schreibst: „“Cotton made in Africa” ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht.“

Zu „gut gemeint“ gebe ich dir recht. Jedes Projekt mit Zielen für eine Bessere Welt sollte eine Chance erhalten.

Zu „nicht gut gemacht“ hätte ich ein paar Anmerkungen: Das CMIA nicht auf Bio-Baumwolle setzt, sondern nur auf „reduzierte Pestizid- und Düngemittel“ ist natürlich schädlich in einem Milieu in dem der Eindruck entsteht Fair Trade ist auch immer gleich Bio und umgekehrt.

Das CMIA sich jedoch nicht als Fair Trade kennzeichnet, sondern eigene Ziele verfolgt wie z.B. Bildung für die Kinder der Baumwollbauern, nur natürliche Wasserressourcen (Keine künstliche Bewässerung! Eines der großen ungenannten Übel der globalen Landwirtschaft), finde ich nicht ganz so schlimm wie du. Es ist halt ein anderer nicht ganz so wirtschaftlich gesehener Ansatz.

Sicherlich wäre mehr (also fair + bio + sozial ) immer besser…

Bei A-Lohas habe wir ja auch CMIA mit im Angebot, gerade weil wir die Idee dahinter befürwortet haben.
Vielleicht reichen Ideen und Visionen hier aber doch noch nicht ganz…

Liebe Grüße
-Klara

2 | Markus

Januar 7th, 2009 at 10:23

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Hi,

also mich wundert so langsam gar nichts mehr. Vor allem tun mir die B-Promis leid die Ihren Kopf dann noch für so ein wischi-waschi Aktion hergeben. Aber wahrscheinlich brauchen sie das Geld :)

Hab mir übrigens schon fast gedacht das Otto das Bio-Cotton wieder auf halbgas fahren lässt…..hab nämlich schon lange keine Werbung mehr von denen auf Utopia gesehen. Vor einem halben Jahr oder so ist man ja davon förmlich erschlagen worden.

Grüße aus dem kalten Süden
Markus

3 | Jana

Januar 7th, 2009 at 18:33

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Vielen Dank für deine Recherche, ich hätte das mal wieder nicht gewusst. Aber ich gebe schon lange nichts mehr darauf, wenn „bekannte“ Menschen für etwas werben. Denn es geht dabei nicht um die gute Sache, sondern um Geld. Daher kaufe ich generell keine Produkte, nur weil sie von einer „berühmten“ Persönlichkeit beworben werden…

4 | Anja

Januar 8th, 2009 at 01:30

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Seit einiger Zeit schau ich regelmäßig in Ihrem Blog vorbei – und habe ihn auf meiner Seite verlinkt (falls Sie nichts dagegen haben)
Vielen Dank für die immer interessanten Informationen und Berichte!!!
Liebe Grüße – Anja

5 | Kirsten

Januar 8th, 2009 at 22:58

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Ich bin nicht per se gegen Promis, die einer guten Idee Gesicht und Stimme leihen. Sie sind halt Rollenvorbilder und geben manchem das bisschen Glam mehr, was es braucht. Wie gesagt, Claudia Schiffer kann sich gerne bei mir melden und ich ziehe sie anständig an.

Nur, wenn ich wie momentan bei Cosma Shiva Hagen den Eindruck habe, Promis meinen es eigentlich gut, gucken aber nicht genau genug hin, wofür sie den Kopf hinhalten, dann geht es in die falsche Richtung.
Im übrigen habe ich heute bei Otto Sachen aus Biobaumwolle bestellt (Purewear) – allein um der besonderen Geste willen. Ich hoffe, das Bestellcenter meldet die explosionsartigen Verkäufe an die Konzernspitze….

Und im übrigen, ihr Lieben: Danke für den Zuspruch. Freue mich.

6 | Alexandra

Januar 9th, 2009 at 15:25

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Liebe Kirsten,

vielen Dank für diesen so gut zu lesenden Artikel.
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, sowohl was das Engagement des Otto-Konzerns angeht als auch das Gesicht hinhalten von Cosma Shiva Hagen. Da richtet sie im Fernsehen mit einem ‚… auch wenn es hier keinen interessiert, aber es gibt auch Bauern in Afrika, denen es schlecht geht‘ krude eingeleiteten Werbespruch für den Transfair meiner Meinung nach schon mehr Schaden an, als gutes zu bewirken. Und nun auch das noch! Da fragt man sich schon, was das wem bringt?!?

So, und nun freue ich mich schonmal auf Dein Buch – um dann trotz allem Ernst der Lage in der Bekleidungsindustrie dennoch Spaß am Lesen gut recherchierter Fakten zu haben.

7 | Seb

Juli 13th, 2010 at 22:04

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Ich halte die Verteufelung von CmiA für voreilig.

Natürlich handelt es sich dabei nicht um Bio-Baumwolle. Von diesem Anspruch entfernt sich das Projekt aber ausdrücklich. Ebenso von Fairtrade. Teilnehmende Unternehmen sind dazu angehalten, keine verwirrenden Äußerungen zu treffen.

Der Ansatz von CmiA ist Folgender: Statt den Bauern mehr zu zahlen und/oder die Baumwolle durch den strikten Verzicht auf Pestizide unerschwinglich zu machen, wird auf Marktkräfte gesetzt. Die Kleinbauern werden geschult und mit Dünger, Saatgut und Pestiziden ausgestattet (ja, es sind Vertragsbauern, aber auch dieses System hat der Realität Stand gehalten), um die Produktivität zu steigern. Durch die steigende Nachfrage durch die Marktetablierung mithilfe von Unternehmen wie Puma, Tchibo oder REWE wird die Nachfrage nach und somit der Marktwert von nachhaltiger afrikanischer Baumwolle gesteigert. Die Zahlen sprechen für sich: Während die teuren Fairtrade-Produkte irgendwo bei einer Stückzahl von 2,x Millionen rumkrebsen, verkauft CmiA inzwischen 6 Millionen (2009).

Unterstützt wird das Ganze von der Bill and Melinda Gates Foundation und dem BMZ.

Irgendwie klingt das alles doch gar nicht so schlecht, oder? Wer natürlich Bio will, ist bei CmiA falsch aufgehoben. Allerdings sollten diese Personen bedenken, dass sie mit einem Fairtrade-Pullover 50% genmanipulierte Baumwolle am Körper tragen können, was bei CmiA ausgeschlossen ist.

8 | Kirsten

Juli 17th, 2010 at 04:53

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@Seb: Ich wuerde diese Diskussion gerne fuehren, aber mit offenem Visier. Das ist hier gute Sitte, keine PR-Nicknames.