10 Mai, 2008

Hilfe, ich bin ein Textmarker

Nehmt das, Eco-Modejunkies. Ich war im Adidas-Originals-Store in Berlin, um einen Blick auf die grüne Kollektion zu werfen und Fragen zu stellen. Oft verhalte ich mich dabei wie die mittelalterliche Inquisition, aber diesmal war ich wollte ich liebenswürdig sein und außerdem eines der korrekten Leibchen kaufen, um es als Sample bei mir in der Schreibklause an die Wand zu nageln – dort hängt schon einiges, was mich beim Schreiben inspiriert. Ja, man könnte das auch anziehen….

Falls ihr euch erinnert: Ich war nicht begeistert von adidas grün, weil ich bei der Modenschau im Alten Elbtunnel nicht erkennen konnte – und nicht gesagt bekam – was daran eigentlich sauber und sozialverträglich sein soll. Aber ich neige dazu, das Engagement der Großen allzu argwöhnisch zu beäugen, anstatt erst zu loben und dann freundlich ein paar W Ü N S C H E zu äußern. Mir geht es mit adidas ein bißchen wie mit Coca Cola. Ich mag Cola nicht und Diät Cola noch weniger. Warum sollte ich adidas grün mögen? Ist das nicht nur die light-Ausgabe fieser Produktion?

Da hing sie also, die grüne Kollektion. Gelbe Schlauchröcke und geringelte Kleider, kurze Pluderhosen und gestreifte Schuhe. Ich habe alles anprobiert und ich gestehe: Ich sah in allen Teilen der korrekten Kollektion aus wie ein neonfarbener T E X T M A R K E R . Das Gelb ging ja noch, aber das Grün, was die Verkäuferin als „pfefferminzgrün“ bezeichnete, dient sonst in dieser Republik dazu, wichtige Passagen in Texten zu unterstreichen und zu sonst nichts.

Dialog an der Kabine – Ich: Was soll ich dazu anziehen? Sie: Was Schlichtes.

Damit ist alles gesagt. Fragen? Ach ja: Wo ist die versprochene Biobaumwolle? Die Shirts, wo eine Baumwollkapsel drauf ist und „cotton“ draufsteht? Es ist doch nicht tatsächlich konventionelle Baumwolle, oder? Konventionelle Baumwolle ist eben nicht pur Natur, sondern mit Dünger und Pestiziden gepäppelt und was genau ist „recycelt“ an den Schuhen? Der Verkäufer, der mehr über die Herkunft seines Tattoos wußte als über die Herkunft der korrekten Treter sagte: Da stecken Altreifen drin.

Womöglich. Sind das die großen Schritte, die adidas gehen will? Lieber Frank Henke, Direktor für Umweltfragen bei adidas: Ich habe W Ü N S C H E. Bitte schult eure Verkäufer besser, bitte gebt uns Käufern mehr Informationen, damit wir nicht immer sofort Verbrauchertäuschung fürchten müssen.

Ach ja: ich habe die geringelten Schuhe aus der Serie „Recycled“ gekauft. Ich bin sicher: das ist dernier cri, aber ist es auch ökologisch?

P.S. Kunden wie wir sind für adidas wie leidiges Springkraut. Das ist gut so. Im übrigen: Ich war nett. Und das, obwohl ich den kritischen Report der Aktionsgruppe „Play Fair 2008″ über die globale Sportbekleidungsindustrie in der Bahn gelesen hatte (Titel: „Die Hürden überwinden“). Noch immer wird zu Hungerlöhnen und unter brutalen Bedingungen geschuftet, um Trainingskluft und Schuhe für adidas herzustellen.

Ich habe noch mehr W Ü N S C H E: Liebe Herzogenauracher, ihr redet so viel über Lifestyle. Bitte kümmert euch mehr um den Lifestyle der Arbeiter in euren Fabriken. Daran könnt ihr noch was tun.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

Hier finden Sie alle Artikel von .

Veröffentlicht in: Label

Keine Kommentare auf "Hilfe, ich bin ein Textmarker"

Comments are closed.