27 Nov, 2008

Leidenschaftlich grün

Kathrin und Mahret vom Otto-Fashion-Blog haben vor kurzem eine Blogparade zu grüner Mode veranstaltet. „Hermetisch schirmt ihr euch ab von den wahrhaft grünen Blogs“ habe ich im Kommentar geschimpft und um mehr Artenvielfalt gebeten bei solchen Aktionen. Damit alles dabei ist – von hellgrün bis dunkelgrün. Nun sind die beiden Frauen selbst vom Modeblog „Bees and Ballons“ zu ihrem Wäscheschrank befragt worden und haben den Fragebügel gleich weitergegeben.

Hier meine Antworten auf die fünf Fragen.

Achtest du beim Kauf deiner Kleidung auf Nachhaltigkeit?

Kirsten: Klar, ich bin die Jägerin der grünen Schätze. Und gerne anständig angezogen. Damit meine ich nicht die Rocklänge, sondern dass die Kleidung sauber und sozialverträglich hergestellt ist. Dass sie ethisch und ökologisch einwandfrei ist, reicht mir aber nicht. Sie muss gut gemeint und gut gemacht sein, weil ich möchte, dass sie lange hält und nicht schon nach dem ersten Waschen die Knöpfe tatsächlich biologisch abgebaut sind oder die Reißverschlüsse kaputt. Wahrlich ökologisch heißt halt langlebig.

Was hat dich auf das Thema aufmerksam gemacht?

Kirsten: Ich bin mit der Wolle gefärbt, wie es so schön heißt und schon lange im Umweltschutz aktiv. Und wie heißt es doch so schön: Do what you preach. So habe ich nach der Revolution im Kühlschrank auch die Revolution im Kleiderschrank geprobt. Ich kann euch beruhigen: Ich laufe nicht nackt und barfuß. Ich frage mich, wann das auch der Rest der Republik – und gerne auch ein paar prominente Rolemodels – begreifen. Claudia Schiffer trinkt Bionade und fährt Toyota Prius. Wird Zeit, dass sie sich auch anständig anzieht.

Wieviele Teile aus organischen Materialien, recycelter Baumwolle, fairem Handel….besitzt du?

Kirsten: Recycelte Baumwolle? Biobaumwolle ist das Material der Stunde und das ökologische Nonplusultra und davon habe ich viel im Schrank. Unterwäsche, Shirts und Jeans. Im Sommer ist es übrigens leichter, einen schickes Öko-Fähnchen zu finden, das Angebot der ökofairen Wintermode ist leider hauchdünn. Mir fehlt ein Sport-Outfit. Nein, ich mache kein Yoga….das wäre einfach.

Was ist dein „grünes“ Lieblingslabel?

Kirsten: Ich kenne inzwischen fast 500 grüne Labels weltweit. Mein Herz gehört den Kleinen. Da machen die meisten allerdings Streetwear, ob die Berliner Macher von Slowmo, die Kölner Goldjungs (Armedangels), auch das holländische Label Kuyichi. Und manchmal hängen mir die Shirts (Verzeihung!) einfach zum Hals raus. Dann sehne ich mich nach Eco de Luxe von Inka Koffke aus Ingoldstadt oder Magdalena Schaffrin aus Berlin.

Wie stehst du zu Pelz bzw. Leder?

Kirsten: Ich esse Fleisch – allerdings nur aus artgerechter Tierhaltung und auch selten. Soll heißen: Ich bin keine Vegetarierin und keine Anhängerin der reinen Lehre. Deshalb trage ich auch Taschen aus Leder. Die gute alte Tierhaut lässt sich übrigens nicht nur mit dem Schwermetall Chrom, sondern auch pflanzlich gerben – wie das mit viel Glam aussehen kann, zeigt das Schweizer Label RoyalBlush. Pelz ist dagegen ein NoGo. Die Tiere werden nur wegen ihre Felles getötet. Darauf verzichte ich – wie Stella Mc Cartney, bekennende Vegetarierin und Queen of Green in England.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: News

3 Kommentare auf "Leidenschaftlich grün"

1 | Sascha

November 29th, 2008 at 16:17

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„Biobaumwolle ist […] und das ökologische Nonplusultra und davon habe ich viel im Schrank.“
Eine mächtige Übertreibung würde ich sagen. Hanf und Bambus brauchen viel weniger Wasser und eben auch keine Pestizide. Und Recycling ist noch konsequenter…

2 | Kirsten

November 29th, 2008 at 22:36

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@Sascha: Die Hälfte unserer Kleidung ist aus Baumwolle, die aufwändig mit Düngern und Pestiziden gepäppelt ist. Laut WHO sterben jährlich 20.000 Menschen an Vergiftungen durch Pestizide. Für mich hat deshalb die Umstellung auf Biobaumwolle höchste Priorität, um Land und Leute zu schonen. Biobaumwolle ist für mich eine eklatante Verbesserung und obendrein das Material, mit dem schon viel gearbeitet wird – sprich: es hängt schon was in den Läden.
Hanf ist zu Recht im Kommen, Bambus leider zu Unrecht gelobt, weil die Pflanze allzuoft nur als Holzersatz genutzt wird und die gewünschte Zellulose mit ausgiebigem Chemieeinsatz ausgekocht wird. Fazit: Von Natur keine Spur.
Und Recycling? Ja, klar. Gerade bei Kunstfasern eine gute Idee. Am liebsten ist mir allerdings, wenn ausgediente Kleidung zu neuer Kleidung recycelt wird. Der Trend, ausgetrunkene Plastik-Flaschen rund um den Globus zu schiffen, in Taiwan einzuschmelzen und dann zu schicker neuer Recycling-Mode zu machen, die hier teuer verkauft wird, ist irgendwie auch keine Lösung. Coca Cola ist begeistert und ermuntert die Leute in den USA bereits, noch eine PET-Flasche extra zu kaufen, weil daraus ja vielleicht irgendwann nochmal ein T-Shirt wird. Müllvermeidung sieht anders aus. Meinst du nicht?
Trotzdem hast du Recht. Vielfalt ist besser als Einfalt und ein robuster Markt für grüne Mode sollte auf mehr setzen als auf Biobaumwolle. Ein Orchester hat ja auch nicht nur ein Instrument.

3 | WL

Dezember 1st, 2008 at 12:49

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Habe bei dem von Sascha zitierten Satz auch geschluckt. Ökobilanzmäßig ist Recycling immer besser als die noch so bio-mäßige Neu-Produktion der selben Faser. Und Baumwolle zu recyceln finde ich super, denn viele Menschen bevorzugen Baumwolle gegenüber synthetischen Fasern, bei denen das Recycling schon häufiger ist. Ob da ein schönes Material rauskommt weiß ich allerdings nicht. howies hat das früher schonmal gemacht, aber ich hatte sowas noch nie in der Hand.

Auch die Ökobilanz von recyceltem Polyester schlägt – trotz des Transports der alten Flaschen – Bio-Baumwolle um längen. Transport ist in Öko-Bilanzen von Klamotten sowiso nachrangig.
http://www.ifm.eng.cam.ac.uk/sustainability/projects/mass/UK_textiles.pdf

Bei aller Kritik an Braungarts (Cradle to Cradle) anti-nachhaltigkeits- und anti-konsumreduzierungs Polemik, sein Öko-Effektivitäts-Ansatz besticht. Eine synthetische Faser (am besten noch aus einem nachwachsenden Rohstoff) im technischen Kreislauf geführt dürfte wohl hinsichtlich Minimierung des Umwelt- und Flächenverbrauchs unschlagbar sein.

Trotzdem wären stylische Sachen aus komplett regionaler Produktion natürlich auch super. Vielleicht wirds ja doch noch was mit Brennessel, Hanf und Leinen…

Und was die Baumwoll-ArbeiterInnen angeht: auch Bio-Baumwolle verbraucht viel Wasser und zudem besteht beim Baumwoll-Anbau eine Flächennutzungskonkurrenz:
https://www.wupperinst.org/globalisierung/pdf_global/baumwolle.pdf
Nicht selten wird Baumwolle in Regionen mit Netto-Nahrungsmitteldefizit und Wasserknappheit angebaut. Wenn die Menschen dort Lebensmittel statt Bio-Baumwolle anbauen würden, wäre das für die Ernährungssouveränität ein Fortschritt. Und bessere Arbeitsplätze fördert man auch beim Kauf von Recycling-Klamotten.

Vielleicht könnte man ein Projekt starten, dass ArbeiterInnen auf Baumwoll-Feldern Startkapital für eine alternative Existenzgrundlage gibt. Die sollte dann aber besser auf lokalen Märkte ausgerichtet sein, damit keine neuen Abhängigkeiten vom Weltmarkt entstehen.