21 Mrz, 2012

Berlin Green Fashion goes India

Berlin Green Fashion goes India. Genauer gesagt went India. Und zwar schon Ende Januar. Auf Einladung des Goethe Instituts Pune (in Indien: Max Mueller Bhavan) folgten Phillipe Werhahn von Ting Ding/Kollateralschaden (Berlin) und Benjamin Itter (Lebenskleidung | der Autor dieses Artikels) dem Ruf nach Indien, um das Thema Grüne Mode in deutsch-indischer Kollaboration voranzubringen.

Den Rahmen gab das Event ‚Germany and India 2011-2012: Infinite Opportunities‚ (60 Jahre deutsch-indische diplomatische Beziehungen vor). In Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut und der School of Fashion Technology (SOFT)/Pune drehte sich während des zweitägigen Events alles ums Thema Grüne Mode.

Aus Indien mit dabei waren die unglaublich motivierende Anita Ahuja von Conserve aus Neu Delhi, die Taschen und Accesoires aus Plastikabfall herstellt, den mittlerweile über 300 Rag Pickers (so heißen die Müllsammler Indiens) sammeln und aufbereiten. Anitas Mann ist Ingenieur und hat die Technologie zur Reinigung und Aufbereitung des Plastikabfalls, aber auch von z.B. gebrauchten Anschnallgurten oder Reifen entwickelt. Heute verkauft Conserve seine Produkte weltweit und die Einnahmen fließen direkt wieder in das Projekt. Der Leitspruch von Conserve lautet Fashion against Poverty. Ganz großartig und absolut unterstützenswert. Übrigens suchen Conserve immer motivierte PraktikantInnen, vor allem aus dem Bereich Design. Wer also Lust hat, kann sich gern bei Anita Ahuja und ihrem Team melden.

Ebenfalls Teilnehmer des Events war Apurva Kothari, Mitgründer von No Nasties. No Nasties gehen in Indien einen gänzlich neuen Ansatz, nämlich nicht einzig auf die Exportmärkte des Westens zu schielen, sondern faire und ökologisch korrekte Produkte, in diesem Fall coole T-Shirts, in Indien selbst zu vermarkten. Der Clou der No Nasties Kollektion ist, dass sie komplett von lokalen urbanen indischen Designern gestaltet wird. Eine offene Design Community profitiert somit von jedem T-Shirt-Verkauf und die Drucke auf den Shirts zeigen ein Stück weit das neue und coole Indien. Dabei sind die T-Shirts aus 100% Bio-Baumwolle und Fair Trade zertifiziert.

Eingeladen zum Event war auch Dr. Shiva Parit von der Firma Dystar, absoluter Fachmann zum Thema Färbemittel und deren negativen Auswirkungen der globalen Textilfärbeindustrie auf die Umwelt.

In Indien ist das Thema grüne Mode noch eine zarte Pflanze. Aber auch hier bewegt sich so einiges.

Das Event schlug eine Brücke zwischen traditioneller Textilherstellung wie alten Handweb- und Färbetechniken die auf einem Bazar auf dem SOFT Campus vorgestellt wurden und einst per se ökologisch waren hin zu der Fashion Industrie heute.

Das tolle an der Veranstaltung war, dass die Entscheider von morgen, nämlich die Studentinnen (SOFT ist ein Women College an dem ausschließlich Frauen studieren) die in Kürze in der Textilindustrie Indiens arbeiten werden, vielleicht zum ersten Mal direkt mit diesem Thema in Kontakt kamen.

Phillipe Werhahn von Ting Ding und Kollateralschaden führte einen praktischen Workshop mit den Studentinnen durch und stellte seine Kollektion im Rahmen der Fashion Show vor, die zum Abschluss der Veranstaltung stattfand. Phillip hat sein Handwerk am Istituto Europeo di Design (IED) in Mailand gelernt und das merkt man. Im Workshop wurde mit über 120 Studentinnen ein „Hemdkleid“ entwickelt, d.h. aus einem gebrauchten Hemd wurde ein neues Kleid. Unter Anleitung wurden die einzelnen Schritte erläutert und vorgemacht, so dass man am Ende ein selbst kreiertes Unikat am Körper trägt und in Zukunft auch alleine herstellen kann. Zum Abschluß wurden in Gruppen ca. 35 Unikate fertiggestellt und ausgestellt worden.

Das Label Ting Ding macht aus alten Klamotten neue. Aus Hemden werden Kleider, aus Kleidern werden Pullover, aus Pullover Röcke und umgekehrt. Gerade das Thema UpCycling ist in Indien fast gänzlich neu und die Teile der Kollektion wurden während der Modenschau gefeiert. Die Beschaffenheit der “alten” Klamotte“ gibt die Richtlinie vor, es werden also keine spezifischen Größen kreiert, ob was passt muss erprobt, anprobiert werden.

TingDing geht es um das Bewusstsein für die Klamotte an sich. Momente, Erinnerungen, Ereignisse und Erlebnisse sind es, und nicht irgendwelche Modetrends oder eventuelle objektive Ästhetik, die die Kleidungsstücke prägen und die individuelle Erscheinung fördern. Kreiert wird direkt an der Schneiderpuppe, man kann sagen dekonstruiert, oder einfach rekonstruiert. Kunst oder Mode Design? Konzeptional oder funktional? Hässlich oder hübsch? Ting Ding bewegt sich ausdrücklich dazwischen.
Kollateralschaden kehrt ebenfalls die Verhältnisse um bzw. definiert neu, wie etwas getragen werden kann. Aus Pullovern werden Kleider, umgekrempelt ebenfalls tragbar wie normal. Auf Größen legen Phillip Werhahn und Dennis Pahl dabei wenig Wert. Locker und passend soll es sein aber ohne Konventionen. Dabei werden alle Teile aus Bio-Baumwolle oder nachhaltigen Materialien in Deutschland verarbeitet.

Benjamin Itter von Lebenskleidung ging es in seinem Workshop um die Auswirkungen der Modeindustrie in Europa auf das Erzeugerland von Baumwolle: Indien. Im Rahmen seines Workshops zeigte er Filme wie z.B. „100% Cotton“, der das Schicksal der indischen Baumwollbauern eindrücklich aufgreift.

Ebenfalls wurden Themen wie Zertifizierungen (GOTS, Fair Trade etc.) und deren Bedeutung für die Konsumenten in Europa und auf der Welt diskutiert. Es war wirklich bewegend mit den indischen Studentinnen zum Thema Pestizideinsatz, Selbstmorde von Baumwollbauern und überhaupt die Wege eines Textils in der Baumwollindustrie zu sprechen.

Die Rektorin der School of Fashion Technology Pune, Dr. Manju Hundekar führt das Thema an Ihrer Universität weiter. Vor kurzem wurde ein indisches Green Fashion Konsortium gegründet, dass sich verstärkt dem Thema grüne Mode in Indien selbst widmet und vor allem auf die konventionelle Textilindustrie einwirken will.

Zum Abschluss der super grünen Modesause stand eine 1A bollywoodastische Modenschau mit nachhaltig gefertigten Kollektionen der Modeschülerinnen von SOFT und Phillip Werhahn. Mehr Bilder davon findet Ihr ihr bei Ting Ding.

Wir freuen uns auf weitere Events in Indien zum Thema und sind wirklich gespannt, wohin sich gerade in den urbanen Zentren Indiens (Mumbai, Neu Delhi, Bangalore, Kalkultta, Pune) das Thema grüne Mode entwickelt.

Wer Interesse hat der kompletten Panel Diskussion des Events zu lauschen kann dies im Lebenskleidung You Tube Kanal tun. Hier Teil 1. Weitere folgen in Kürze.

     
 lebenskleidung   Benjamin Itter und Enrico Rima sind Mitgründer von Lebenskleidung aus Berlin. Nach Studien und Arbeitsaufenthalten liegt beiden vor allem das Textilland Indien sehr am Herzen. Lebenskleidung vertreibt seit 2009 ökologische und fair hergestellte Stoffe und Heimtextilien und agiert als Textilagentur und Mittler zwischen Designern und Produktionsstätten in Europa und Asien.

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Veröffentlicht in: News

2 Kommentare auf "Berlin Green Fashion goes India"

1 | Philippe Werhahn

März 22nd, 2012 at 15:08

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Vielen dank an Benjamin Itter und lebenskleidung!
– wer gerne mehr Bilder von TingDing und/oder Kollateralschaden sehen möchte…
– am besten und schnellsten über facebook:

https://www.facebook.com/#!/philippe.werhahn

lg
philippe werhahn

2 | Jutta Florence Pompe

April 1st, 2012 at 16:28

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Hallo, schön, dass man hier etwas Orientierung bekommt in dem großen Urwald der ganzen neuen Öko-Labels. Werd mir die Seite mal bookmarken. Viel Erfolg weiterhin. Grüße, J. Pompe