23 Mai, 2011
Schneewittchen
„Sie sind ja mächtig im Stress, wenn Sie nur aktuelle Links posten“, schrieb mir ein Kollege. Ist tatsächlich momentan so und deshalb mache ich nahtlos weiter mit der Nummer. Zur Lektüre empfehle ich heute in der gedruckten FAZ „Discounter Kik streift sein Schmuddelimage ab“. Für Profis empfehle ich den Blick auf das Programm des IVN in Bregenz, das deutlich macht, dass der Verband versucht, seinen Blick auch auf Viskose und Recyclingfasern zu erweitern. Mir selber verordne ich einen Test der Utopia City Aktionswoche in Hamburg und den Besuch der Goodgoods am Freitag.
Und last but not least hatte ich vergangenen Freitag das Vergnügen, die von mir sehr geschätzte Designerin und Autorin Kate Fletcher aus London kennen zu lernen. Fletcher sah mit ihren schwarzen Haaren, dem roten Lippenstift und den knallroten Higheels von Terraplana mir aus wie ein modernes Schneewittchen. Ihren Ruhm verdankt sie offenbar ihrem Können, denn ihre Präsentation war absolut umwerfend und ihre Rhetorik elegant. Sie empfahl allen angehenden Designern, Nachhaltigkeit als Herausforderung zu sehen und nicht als Beschränkung. Das helfe, wenn man gerade das Gefühl habe, im Sumpf festzustecken, keine Stoffe zu bekommen oder nicht in den richtigen Mengen oder ähnliche Widrigkeiten.
Generell sei es günstig, lieber von oben auf Dinge zu gucken und sich einen weiten Blick zu bewahren, statt sich in allzu Naheliegendem zu verheddern. Sie fand dazu ein schönes Bild: Wir suchten immer nur nach Lösungen im engen Lichtkegel der Laterne, unter der wir gerade stehen würden. Sie gestand allerdings zu, dass die Widerstände in der Modebranche gewaltig seien. Doch der Mut Bestehendes in Frage stellen, gehöre zur Verantwortung eines Designers. Ihr großes Thema ist wie meines das Tempo in der Textilindustrie, die schnellen Kollektionswechsel und unser ebenso houchtouriger Umgang mit Kleidung, die wir schnell kaufen und ebenso schnell einmotten. „Keep and share“ – Behalten und Teilen – lautete ihr Rat. In ihrem Projekt Local Wisdom sammelt sie Geschichten von Menschen und ihrer Kleidung. Von Kleidern, die durch Generationen weitergegeben (Shared use) werden oder die immer wieder verändert werden wie eine Weste, die Ärmel bekommt, dann ein Bündchen, einen Kragen (Work and Rework). Das hat mich daran erinnert, dass ich diese Woche in Berlin das Veränderungsatelier von Lisa D. besuchen möchte. Es heißt, man könne sich dort eigene T-Shirts bedrucken lassen, auf denen steht: „Ich weiß, es ist Teufelszeug. Aber ich trage es, bis es mir vom Leib fällt“. I like.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
Veröffentlicht in: News