10 Mai, 2011
Freundliche Übernahme
Green Fashion meets Finance. Grün trifft Geld. So lässt sich beschreiben, was heute morgen im Hotel Adlon in Berlin offiziell verkündet wurde. Die Messe Frankfurt – weltweit größter Veranstalter von Textilmessen – übernimmt eine der feinsten Adressen für grüne Mode in Deutschland, den Green Showroom. Für die Kosmopoliten aus Frankfurt ist das durchaus ungewohntes Terrain. Sie waren nie zuvor in Berlin aktiv und auch nie in Sachen Mode. Heimtextil- und Stoffmessen sind definitiv etwas gestrickt.
Während der Berliner Modewoche vom 6. bis 8. Juli präsentiert man sich erstmals gemeinsam. Die beiden Gründerinnen Magdalena Schaffrin und Jana Keller bleiben an Bord, bekommen aber „endlich“ mit dem „starken Partner“ wie sie sagen, Rückenwind, um auch in Städte wie Paris, New York oder Tokio zu expandieren und sich auf internationalem Parkett auszuprobieren. Bei der neuen Paarung verliert also niemand seinen Job – im Gegenteil.
Der Charme des Green Showrooms lag immer darin, dass Luxus-Mode in Suiten eines Luxus-Hotels gezeigt wurde. Deshalb sahen Einkäufer und Besucher auch darüber hinweg, dass Taschen oder Kleider für mehrere hundert Euro einfach auf einem Hotelbett drapiert wurden. Wo denn auch sonst? Der Platz in einem Hotelzimmer ist einfach begrenzt. Modern wirkte das nie, aber passgenau und perfekt in seiner Nische.
„Ökomode sei eine Nische“, räumte Detlef Braun, Chef der Messe Frankfurt, ein, „aber eine positive“. Und neben technischen Textilien verspräche halt grüne Mode die größten Umsatzzuwächse. Deshalb schoben die Frankfurter gleich eine zweite Innovation hinterher. Zu Gast im Hotel wird erstmals auch die „Ethical Fashion Show“ aus Paris sein, die die Frankfurter bereits 2010 gekauft hatten.
Die Ethical Fashion Show gilt als einer der Pioniere der grüne Messeszene. Soll heißen, neben exklusiver High-End-Fashion werden künftig auch Streetwear- und Casual-Kollektionen zu sehen sein – ohnehin das größte Segment der Branche und im lässigen und bisweilen rauen Berlin auch gut zu Hause. Die Macher hoffen auf 16 bis 20 Aussteller allein im Streetwear-Bereich, was ehrgeizig ist, denn es sind nur noch einige Wochen Zeit bis zum Start. Namen gab es noch keine.
Da man nicht das Hotel übernehmen will – so versicherte mir Detlef Braun – suche man für den Januar 2012 für die Ethical Fashion Show nach einer neuen Location, den natürlich wolle man wachsen. Das ist nicht abwegig, denn der plötzliche Einstieg kommt nicht von ungefähr, sondern just zu dem Zeitpunkt, wo eine andere Messe die Segel streicht.
Seit Wochen pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die Ökomode-Messe TheKey.to wird es in alter Ägide nicht mehr geben. Die Gründer Frans Prins und Gereon Pilz van der Grinten haben sich getrennt. Frans Prins hat gemeinsam mit Fredericke Winkler und Magdalena Schaffrin eine eigene Firma namens „Beyond“ gegründet. Sie bündeln ihr Knowhow und werden beispielsweise im Herbst dieses Jahrs gemeinsam mit der Esmod einen GreenFashion-Kongress organisieren. Die Esmod bietet ab diesem Zeitpunkt einen Master-Studiengang für „Sustainability in Fashion“ an.
Wer seit langem meinen Blog liest, kennt meine kritische Haltung zur TheKey.to, die es nie geschafft hat, eine gute Startrampe für die vielen jungen Ökomode-Labels zu sein, die eine helle (!) und gut organisierte Plattform so dringend gebraucht hätten. Selbst als die Messe zuletzt einen Katzensprung entfernt von der Bread&Butter in Tempelhof logierte und die Einkäufer nur einmal über die Straße mussten, kamen sie nicht. Auch die Journalisten, die die Messe hochjazzten, konnten darin nichts ändern. TheKey.to war immer mehr Schein als Sein. Trotzdem gebührt ihnen Lob für die Aufbauarbeit.
Die Messe Frankfurt hat schnell reagiert und ist in die Lücke gestoßen, bevor sie jemand anders füllt. Warum ein beackertes Feld jemand anders überlassen, der vielleicht mit weniger Gesinnung einsteigt. Und Platz für eine weitere Ökomode-Messe ist sicher nicht in Berlin. Auch die Premium, die Bread&Butter und selbst die Fashion Week am Bebelplatz machen in Grün. Und wie sagte Detlef Braun so klar: „Die Messelandschaft wächst nicht. Das ist reiner Verdrängungswettbewerb“.
Magdalena Schaffrin und Jana Keller übergaben an die zugereisten Frankfurter ein Bild mit dem Logo des Green Showroom. Darauf ist ein Apfel zu sehen, der von einem Pfeil durchbohrt ist. Die Messe hat sicher nicht Amors Pfeil getroffen und mit dem Kauf einer romantischen Stimmung nachgegeben, dafür ist man zu vernünftig. Aber treffsicher war es von beiden Seiten allemal. Gratulation dazu von mir. Gewünscht hätte ich mir, dass jemand vom Berliner Senat gekommen wäre. Macht nichts. Den Champagner haben wir auch alleine geschafft.
Ich werde Freitag erneut nach Berlin reisen. Seid gespannt. Aufregende Woche.
P.S: Auf Bitte von Gereon und nach einem nächtlichen Telefonat ergänze ich hier: Gereon geht davon aus, dass die Key.to in seiner alleinigen Regie vom 7. bis 9.7. – also drei Tage – stattfinden wird. Location ist die ehemalige Kindl-Brauerei in Neukölln, schöne alte Industriehallen, die drei Kilometer von der B&B in Tempelhof entfernt sind.
Die kleinen Labels werden jetzt entscheiden müssen, auf welches Pferd sie setzen. Die Zersplitterung ist schade, was meint ihr?
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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